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02.11.2002, Chemnitzer FC - SV Babelsberg und Nebel über der Wiese

Man schwankte zwischen „Battle Realms“ spielen, an der Homepage basteln, die Nummer 9 grob vollenden, Kohlen in der Raiffeisen BHG Waldkirchen kaufen, den Tierarzt aufsuchen (wegen Schutzimpfung für das Heimtier), schlafen, den Regen gegen das Fenster trommeln lassen oder....doch noch nach Chemnitz zum Fußball fahren?!
Mehrere Dinge aus dem Hauptsatz konnten abgearbeitet werden und der Nebensatz wurde ein echtes Leckerli.
Punkt 12.58 Uhr schiffte ich mich am Zeisigwald ein und wartete hinter beschlagenen Autofensterscheiben auf das Filmstadtinferno. Um 13.30 Uhr war es soweit und eine Horde gutbürgerlich frisierter Menschen, Bourgeoisen mit Tramperlatschen und Ultras mit Ganzkörperkondom und Mundschutz trafen ein. Schnell wurden Kontakte geknüpft und Fanzines gegen unnutzes Geld eingetauscht.
Zwischen Bürgern, wo man sich nicht immer fragen muss, ob sie der FDP zugeneigt sind, oder doch eher für die CSU plädieren, machte man es sich gemütlich, soweit es bei diesem Sauwetter eben gemütlich sein kann. Und die Fischerwiese an sich bot einen tristen Anblick. Ein paar bemalte Tapeten, keine Zaunflaggen und eine schwarz ausgehangene Südkurve kündeten vom Unmut gegenüber der Mannschaft, der zuletzt gezeigten Leistungen mit dem Höhepunkt des Pokalausscheidens gegen Plauen und vielleicht auch gegen die Trainerentlassung von Schulle. Das Spiel sollte aber dennoch ganz ansprechend werden. Beide Mannschaften zeigten sich dem Druck der nahenden Abstiegszone gewachsen und spielten herzerfrischend auf. Mit viel Laufaufwand (ist ja auch sinnvoll bei den Temperaturen) und beidseitigen Blößen im Defensivbereich erarbeiten sich die Teams Chancen. Der zuletzt schwache Krieg kam annähernd ans Prädikat „Arschaufreißen“ und Sebastian Meyer zeigte auf der rechten Außenbahn gute Ansätze. Auf der Gegenseite begeisterte der agile Chalaskiewicz, dem man keines seiner 39 Jahre anmerkte. Irgendwann vor der Pause verpopelte dieser Spieler eine gute Freistoßgelegenheit, bekam aber in der 45. Minute noch eine Möglichkeit. Geduldig wartete der Pole bis Hiemann die Mauer postiert hatte, lief an, als wenn er mit links nach rechts oben ins Torwarteck zirkeln wollte, ging dann aber noch mal zur anderen Seite, lief aus der anderen Richtung an und schoss den Ball mit rechts ins linke untere Eck.
Pausenpfiff. 0:1 und der Zaun am Gästeblock hatte TÜV- Test.
Eigentlich wollte ich zur Halbzeit heim, aber aufgrund der vielen Torchancen und des Spaßfaktors im Away- Sektor
(unter anderem Kurvenpendelläufe mit kleinen Fahnen und Abklatschen am Zaun zum Polizeibereich, sowie Sprechchöre a la: „Selbstbefriedigung ist gesund“, „Unser Olli der heißt Herber und er ist ein Diskoschläger)“
entschied ich mich zum Bleiben, auch weil der liebe Gott mir wieder einen unglaublichen Frauenarsch in die Nähe gestellt hatte....allerdings auch wermutstropfenverströmende weltrekordverdächtige Buffalos.
Na ja.
Nach zwanzig Minuten hatten die Kondome ihre etlichen Doppelhalter zusammengebastelt und da mit dem Einlaufen der Teams zur zweiten Halbzeit eine Präsentation stattfinden sollte, bezog ich Fotografenposition. Ein Member hauchte mir noch ins Ohr: „Bitte keine Gesichter fotografieren.“
und mit gerunzelter Stirn konnte ich beschwichtigen:
„Bevor mein Film entwickelt ist......“ (ist Gras über das Folgende gewachsen)
Und schon begriff ich die Sorge. Leichter Nebel, mehr Nebel, Rauch und schließlich kleinere Feuerkugeln Richtung Haupttribüne. Die postierten Spieler inklusive Schiedsrichtergespann verschwanden wieder in den Katakomben, die Polizei rüstete zum Einsatz und die Arena glich zur Hälfte dem Naherholungsgebiet „Ätna“. Das dieser Spaß Konsequenzen hatte, war klar- die Security spielte mit einem Klumpen Gästefan (wie bei den Gleisbesetzern zum Castortransport) „Aus- dem- Stadion- tragen“. Wenig später war ein bekanntes Gesicht aus dem Polizeiumfeld bei uns und kontrollierte Taschen. Mit Hilfe des Fanbeauftragten (?) vom SVB war dann alles wieder fix paletti und man wollte ja auch die stürmischen fünfzehn Minuten des CFC nach dem Wechsel sehen.
Und die hatten es in sich.
Gleich mehrfach vollbrachte Herber im SVB- Tor Robinsonaden wie einst Lew Jaschin. In Kontergegenstössen des Gastes bewies vor allem Lars Kampf seine Gefährlichkeit, allerdings hätte er das Spiel schon früher entscheiden müssen, so zitterten sich die Potsdamer schließlich dezimiert (Lorenz sah gelb- rot) über die letzten zwanzig Minuten.
Fazit: Spannendes Spiel vor Magerkulisse. Barsikow neuer Interimstrainer, allerdings Herrscher über eine Abwehr, die er in der Wendezeit besser organisiert hätte als Mehlo an diesem Tag, der sich zwar mühte, aber von dem man entweder erwarten muss, dass er als Routinier außer Freistössen mal was richtig in die Hand nimmt, oder sich langsam mit einem Karriereende anfreunden muss. Lichtblick dagegen Meyer und die Zuschauer, die ihn mit Beifall verabschiedeten und auch sonst die gezeigte Leistung ganz gut einordnen konnten.
Von einem unverdienten Sieg der Babelsberger würde ich nicht sprechen. Die Chancenvorteile lagen zwar klar auf Gastgeberseite, aber auch mit einer couragierten Abwehrschlacht kann man sich einen Sieg verdienen. Zumal- der Lars K.- was der vergeben hat....
Chemnitz wurde Opfer der Heimpleite des SVB gegen Dynamo, die sich einfach die verlorenen Punkte zurückholten und nun könnte man einfach so
(25 Jahre Fußballerfahrung meinerseits sind absolut überzeugt, das dies der beste und sicherste Zeitpunkt gewesen wäre)
nach Dresden fahren und den Dynamos die drei Punkte abnehmen, wenn da nicht das leidige Thema Polizei, Sicherheit und Spielverlegung wären....

Bilder zum Spiel







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