Eines der schwierigsten Creeperhäuser befindet sich in Flöha. Vom Einstieg angefangen (Kellerfenster) über die Begehung
durch bzw. an teilweise lochfraßgeschädigten Fußböden in Nebengemächern bis zu einer bedenklichen Ex-Wohnung im
Obergeschoss führte mich mein frevelhaftes Tun.
Ich bin es gewohnt nicht der erste Invader zu sein und über Wandschmierereien zu stolpern (in Grünberg zuletzt gesehen:
Arische Kämpfer - Weiße Patrioten, ACAB 88), aber was mich in jener obersten Ex-Wohnung erwartete, ist dann doch
schockierend für mein sensibles Gemüt gewesen. In dem Fall war es keine verwerfliche Sprühkunst eines Jugendlichen,
sondern eine akribische Beschriftung der Tapete mittels Kugelschreiber. Eindeutig das Werk der ehemaligen Bewohnerin,
mutmaßte ich und studierte mehrere Schriften, die schnell darauf schließen ließen, dass jene Frau (ich vermute mal Frau,
kann aber auch das Gegenteil gewesen sein) systematisch den Verstand verloren hatte. Kaum ein Stück Tapete ohne
Erkenntnis, auch die Türen und Türrahmen waren voll geschrieben.
Mit meiner weit reichenden Therapieerfahrung (beginnend 1988) erkannte ich in zahlreichen Zeichnungen von Sonnen,
Strichmännlein und Häusern, dass jene Person diesbezüglich auch kein unbeschriebenes Blatt gewesen sein mochte. Einige
Symboliken waren entweder gleich oder nachträglich durchgestrichen worden, was von einer zerrissenen Seele sprechen
kann. Besonders fielen dabei angstvolle Sätze in Bezug auf einen befürchteten nahen Tod ins Auge. Offen bleibt, ob dies
dann selbst vollzogen wurde, oder ob es sich um eine generalisierte Ablebensangst handelte.
Ich brach meine Lesereise ab, denn schon das Innenleben des Hauses zog einen permanent runter. Dennoch grübelte ich, wo denn
diese Schreiberin nach der Räumung gelandet sein mag. Sicher nicht in einer Alternativbleibe mit Selbstversorgung.
So hieß es nach einer Stunde: raus aus dem Tempel des Grauens, wobei ich mir die, beim Einstieg schon verschmutzte, Jacke
vollends versaute. Und ich hatte noch den weiten Weg nach Ghosttown (auch liebevoll Floßmühle genannt) vor mir. Nur mit
Pullover schlenderte ich fortan durch die ehemalige Kreisstadt und hatte wieder mal eine echte Nuss geknackt. Anbei zwei
Bilder (mehr wird man mal unter den bearbeiteten Fotos sehen können) und die Frage an den aufmerksamen Besucher dieser
Homepagesektion: Was könnte das Wort nach "Menschen" bedeuten? Ich habe im Netz recherchiert und das Foto anders
beleuchtet um irgendwas zu entziffern, aber bin zu keiner schlüssigen Erkenntnis gelangt.
Außerdem auch die Frage an Psychologen, Therapeuten und Seelenklempner: Wie könnte man ein derartiges Verhalten diagnostizieren?
Schizophrenie mit einer seiner Schattierungen? Religiöser Wahn? Demenz (eher nicht)?
Ich hoffe, so was demnächst nicht wieder zu sehen. "Creepen" ist zwar auch das Eintauchen in gefühlte und zurückgebliebene
Schatten der Bewohner, aber möglichst ohne sich dabei in die Gefahr einer Ansteckung zu begeben...