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16.01.2009, Dialogannahme

Wohlan, hat es mich wieder nach Tagen des Stillstandes, also mein Auto stand still, um Vergaser, Motor, Zündkerzen, Brennkammern, Reifen, Fahrersitz und Lenkelement zu schonen und nebenbei auch Sprit zu sparen, nach Zschopau getrieben, in die Stadt der Einfalt und Schildbürger.
Und weil man denkt, dass man dort noch ein gutes Tauschgeschäft machen kann, wollte ich einen gebrauchten Monolog gegen einen neuwertigen Dialog eintauschen. Vorraussetzung ist natürlich, dass vorher jemand schon einen TÜV- geprüften Dialog zum Pfandleiher gegeben hat. Aber wie gesagt, Einfalt und Gedankenlosigkeit geben sich in der Ex- Kreisstadt die Klinke in die Hand und so musste ich unverrichteterdinge wieder abziehen und kann meinen Monolog mit einem Kühlschrank, einem Gefrierwürfel und einer explosiven Waschmaschine am Monatsende an den Straßenrand stellen, wenn die Entsorgungsgesellschaft vorfährt und den Unnützen Krempel abholt.
Welcher Hirni solche Sachen wie untenstehendes Schild erfindet, weiß ich nicht, aber ich vermute das dieser Schwachsinn in irgendeinem Qualitätsmanagementhandbuch verankert ist, um eine DIN- Norm zu erfüllen.



10.01.2009, Dritte Wahl

Nun noch ein Mini- Update, bevor ich in die Fanzinearbeitswutphase einsteige. Eigentlich gibt es nichts neues, ich war meine Pflichtgassirunde mit Terry unterwegs, Dritte Wahl hat im Schweinestall gespielt und mein heimlicher Lieblingsprotagonist SysReq aus "Geister" ist am Browsersyndrom erkrankt, was nichts anderes heißt, als das sein Gesicht langsam Blaufärbung annimmt.
So, die nächsten Tage werde ich diese Tagebuchzimmertür nicht schließen, aber zumindest anlehnen, also es kann weiter hier reingeguckt werden, aber eine neue Seite tut langsam Not, sonst holt man sich einen steifen Finger beim Scrollen.





01.01.2009, Silvester?blasen

Als ich neulich, aus Richtung Flöha kommend, in Augustusburg einfuhr (ich glaube ich war bei meinem Psychotherapeuten in Chemnitz, um das durcheinandergeratene Oberstübchen zu ordnen) traute ich meinen Augen kaum. Drohte doch am Ortseingang ein Schild mit der Aufschrift: SILVESTERBLASEN.



War das ein Segen oder ein Fluch, oder gar eine Botschaft aus dem Diesseits für mich? Als semiprofessioneller Fußballfan dachte ich: ‚Drei Ecken- ein Elfer'. Also fuhr ich noch zweimal bis Grünberg zurück und überquerte damit dreimal die Demarkationslinie. Würde mir das im alten Jahr noch eine Oralentspannung bringen? War der Entwurf des Schildes auch wirklich missraten, hatte der Entwerfer auch eine gerissene und gebrauchte Tastatur wie ich, die Zeichen verschluckt (ich plante kurzfristig mal eine Extra- Bückware zur Untersuchung der ganzen fehlenden Buchstaben, die meine Genius LuxeMate sich so einverleibt.)? Wenn das Leerzeichen genauso verschlungen wurde, wie ein forderndes Ausrufezeichen, dann stand mir Großes bevor. Oder diskriminiert man damit Frauen, indem man so vielsagende und befehlende Schilder aufstellt?
Noch hatte ich vier Tage Zeit mich frisch zu machen. Mein Tagesablauf hat sich mittlerweile den Umständen angepasst, wenn ich nicht gerade bei der ARGE bin, um ein Nachfolgeanschlussübergangsgeldbescheidformular abstempeln zu lassen, sitze ich zuhause, schreibe an die GEZ oder schicke Bewerbungen ins Niemandsland.
Mein Tagesplan skizziert sich mit Banalitäten, die wichtig werden und ich fühle mich fast wie Alfred Giggenbacher in Gisela Elsners "Zähmung". Mal kaufe ich im Supermarkt tschechische Putzstahlwolle zum Vorzugspreis, um dann den ganzen Nachmittag Töpfe und Pfannen zu schrubben (und abends dann die verkalkte Kloschüssel), dann wieder springe ich nachts um zwei Uhr vom PC auf, stürze ins Schlafzimmer, fege alle Klamotten mit drei Handbewegungen aus dem Kleiderschrank, um sie gleich darauf auf Kante neu einzusortieren, wahlweise nach Artikel (Polo- Shirt, T- Shirt, Sweater, Schlüpfer, Socken, Handtücher für's Gesicht, Handtücher für den Intimbereich, Handtücher für die Füße, Handtücher mit Haken, ohne Haken, unattraktive Handtücher, die nichts mehr hermachen, Bettwäsche, Laken, Kissenbezüge....) oder nach Gebrauchsnorm, also "noch anbietbar", "geht nur noch in den eigenen vier Wänden" oder "ist für den AZ Dorftrottel und Punkkonzert" noch geeignet.
Ein weiteres Spektrum erschließe ich mir in Excel. Über "SUMMMEWENN" oder "ZÄHLENWENN"- Funktionen habe ich mir eine ganze Verwaltungshierarchie aufgebaut. Jeder Schritt, jeder gefahrene Kilometer wird protokolliert, dazu Wetterkommentare, persönliche Befindlichkeit, zurückgelegte Kilometer, Durchschnittsgeschwindigkeit, außerdem meine verkorksten Ebay- Käufe und ein ausgeklügeltes Benotungssystem und noch vieles andere mehr.
Bevor ich nachts um 2 Uhr aufspringe um Veränderungen, Erfolgserlebnisse und positive Vibrations mit ins Bett zu nehmen, zocke ich meist Fußballmanager 2006 (mehr ist bei meiner Hardware nicht drin) und schachere um horrende Beträge und junge Spieler in Südamerika. Meine momentane Station ist Greuther Fürth, bei denen habe ich angeheuert, weil sie neun Punkte Vorsprung auf einen Nichtaufstiegsplatz in der zweiten Liga, bei noch ausstehenden vier Spielen hatten. Da konnte nichts schief gehen, zumal da ein guter Kader mit dämlichen Phantasienamen (wir schreiben das Jahr 2018) vorhanden war. Also hoch in die erste Liga, Klassenerhalt und dann habe ich meinen Topstürmer für 5 Millionen an Schalke verkauft, daraufhin wollte auch ein Mittelfeldspieler nach Köln, aber ich habe das unterbunden. Nun ist er nicht mehr motiviert, ich habe 17 Millionen auf dem Konto und kriege keine Spieler ordentlicher Güte, weil der Verein nicht attraktiv genug ist. Also billige, junge Brasilianer geholt- aber das ist auch nicht leicht, denen fehlt die Klasse. Mal sehen, muß ich eben das Stadion ausbauen (5000 Plätze mehr kosten rund 5 Millionen).
Äh, warum schreibe ich das? Weil Nichtigkeiten zu lebenserhaltenden Triebfedern werden. Um weiter in das Horn zu stoßen, bin ich ab und an bei Kaufland in Gornau. Dort habe ich in einer Ramschbox für 2,99€ ein Managerpack entdeckt. Einmal Fußballmanager Fun, einmal Fußballmanager Pro und dazu Eishockeymanager 2005. Dies auf einer DVD für diesen Superpreis. Eine halbe Stunde überlegte ich. Hauptproblem waren die beiden Fußballmanager, die wollte ich ja nicht, weil ich schon einen habe, nun waren die aber trotzdem auf der DVD und im Preis inbegriffen. Kann man überhaupt in Zeiten der Wirtschaftskrise und Rezession unüberlegt 2,99€ ausgeben? Ich meine: Nein. Und ging wieder zwischen die Reinigungsregale, um Produktinformationen zu inhalieren. Mit der Stahlwolle hatte ich meine Toilettenschüssel nicht belagfrei bekommen, es musste doch noch was Stärkeres geben, so was wie Klorix (damit habe ich mal eine Jeansjacke umgestaltet). Aber Klorix kostete 2,78, also beinahe soviel wie das Managerpack. Ich entschloss mich zur Billigvariante zu greifen und nahm WC Pulver Citrus von K-Classic für 1,14. Wichtig war nur das gefährliche Dinge draufstanden, also Hotlinenummern, falls Kinder was davon kosten, oder jede Menge Warnhinweise und ein Totenkopf. Das war vielversprechend und so verließ ich Kaufland, ohne (vorerst) dem Managerpack hinterher zutrauern.
Daheim angekommen schüttete ich eine handvoll Pulver ins Becken und sogleich brach ein Geysir aus und ich schloss vorsorglich den Deckel. Zwei Stunden später war alles blitzblank, ohne dass ich nachputzen musste. Wow, das hat reingehauen. Abends habe ich im Vorbeigehen immer mal was reingeschüttet, weil das so schön brodelt. Irgendwann kam es wie es kommen musste, ich interessierte mich für das Managerpack. Also rief ich den Geschäftsführer von Kaufland an und erbat mir bezüglich einer Investition von 2,99 drei Tage Bedenkzeit. Nach zwei Tagen fuhr ich hin und kaufte rotzfrech das Pack, ohne auf die Kohle zu achten. Am gleichen Abend installierte ich den Eishockeymanager, um die Versionsnummer rauszukriegen. Es ist 1.22, im Internet wurde empfohlen auf 1.23 upzudaten, also ein Patch von 18 MB Größe zu ziehen. Ein Mammutprogramm für mein Analogmodem. Nach achtzig Minuten hatte ich es auf dem PC, nach 85 Minuten wusste ich, dass es nichts nützt, weil es fälschlicherweise nach einer Original- DVD verlangt. Blöde, so was.
Ich guckte noch kurz in den Editor, wollte ich doch alles perfekt zum Spielstart machen, aber das ist zu umfangreich und die Massen Spieler kann man kaum editieren, höchstens noch den Vereinen die Originalnamen verpassen. Nun habe ich mich auf die Jagd nach den Originalnamen und -daten für den Pro gemacht. Existiert nicht im Netz, Mist. Und der Fun? Da habe ich Tobi kennen gelernt, der extra eine eigene Page für diesen Manager der besonderen Güte hat. Besondere Güte? Der Manager ist spartanisch, die Spieler haben kein Alter (nur Restspiele- was für eine Idee, wenn jeder Verein wüsste, wie viele Spiele ein Kicker noch bis zur Invalidität macht, wären Verträge ganz anders) und auch sonst ist er gegen den Strom der EA- Manager. Mal gucken.
Also was wollte ich nun? Nach Waldkirchen blasen lassen, in einen Geysir springen, oder mir mit Stahlwolle den Arsch abwischen?
Mit diesen Fragen auf den Lippen checkte ich im Schweinestall in Waldkirchen ein. Es waren 150 Prozent mehr Leute als im Vorjahr da (etwa 35), es gab für 5 € Eintritt ein warmes kostenloses Büffet und eine Band namens Torkshit coverte jeden Krempel. Ich kann mich nicht erinnern, wann das letzte Mal zwei Frauen auf der Bühne waren (Gitarre und Schlagzeug) und dazu noch ein Keyboarder. Nebenher verquatschte ich die zwei Stunden meiner Anwesenheit mit dem Karlsruher und analysierte strategisch- taktische Mängel vor Stalingrad und während der Ardennen- Offensive. Dazu gab es noch Episoden zur einst kriminellen Fußballbande "Destroyers Karlsruhe". Das war dann kurz und knapp der Sprung ins nächste Jahr.



Am nächsten Tag war ich wieder frisch und frei und nach einer Wanderung zur Neunzehnhainer Talsperre mit Musikuntermalung von Nailbomb befasste ich mich wieder mit tiefschürfenden und weltbewegenden Problemen, wie z.B. ob man das frischgewaschene Laken mit Klammern an der Wäscheständerstrebe befestigt, oder ob es genügt, wenn man das Laken einfach über die Wäscheständerstrebe wirft und keine Befestigungsmaterialien anbringt.
Egal- nur Werbeschilder sind auch nicht mehr das was sie mal waren, genauso wenig, wie Fußballweisheiten.

PS: Wer bis hierher gelesen hat, sollte auch die nächsten Tage noch mal auf die Startseite gucken, es wird Veränderungen zur Mailadresse geben und auch (vielleicht) einen kleinen Ausblick auf die Vorhaben 2009.

24.12.2008, Weihnachten auf Freiersfüssen

Blöder Titel, aber irgendwo verständlich. Heute, am Heiligabend, ging es am Morgen die Hure der Liebe bedienen. Ich schenke dir, was du willst und du gibst mir Zärtlichkeit.
Ganz so einfach war es nicht. Vor längerer Zeit schrieb mir eine nette Frau aus der Umgebung Freiberg im Kampfschmuserforum eine Privatnachricht, dass in Freiberg im Tierheim ein Stafford sitzt. Also dachte ich, da ja Weihnachten für mich als Single auf allen Ebenen (Familie, Partner, Verwandtschaft) sowieso nur eine Pseudoveranstaltung ist und bei mir weder Kerzen noch Räuchermänner brennen und qualmen, dass ich mal was machen könnte, wo ich mir sage: "Achso, das war 2008 zu Weihnachten, da habe ich doch....". Lange Rede kurzer Sinn, ich nahm Kontakt zum Tierheim auf, erfuhr leider, dass mein Schützling einen nervösen Magen hat und deshalb keine Wurst erlaubt sei. Aber Gassi gehen war zu Weihnachten drin. Also steuerte ich Freiberg an und fand wieder mal nicht das Bestimmungsziel und schoss so weit drüber raus, dass ich in Kleinwaltersdorf landete. Also wieder zurück, mich durchgefragt und irgendwie habe ich dann die Münzbachtalstraße gefunden und das Tierheim "Albert Schweitzer" auch. Dann noch fix eine Personalausweiskopie machen lassen (damit kein Schindluder mit den Hunden getrieben werden kann) und eine Belehrung gelesen, dass nichts, aber auch gar nichts (nicht mal die zwanzig Kaustangen die ich in meiner Jackentasche geschmuggelt hatte) den Hunden gegeben werden darf, wegen Durchfall und dem damit verbundenen Reinigungs- und Tierarztkostenaufwand. So schnappte ich mir Terry und ging den Wald erkunden. Leider wollte er anfangs immer wieder zurück und ich war beinahe enttäuscht, dass er so reserviert und teilweise ängstlich wirkte, aber nach einer halben Stunde war wenigstens etwas Eis gebrochen und ich erreichte mein Ziel und ließ mir die Ohren und Lippen anknabbern und abschlecken. Nach einer Stunde war aber dann gut und es begann zu regnen. Terry war froh wieder zuhause zu sein, bei ziemlich netten Pflegern, die mir noch erzählten, dass er im April angebunden am Tierheimtor gefunden wurde, sich einen Zwinger mit einem anderen Hund teilt und auch (wie selbst gemerkt) eine gute Seele ist.
Dann konnte ich noch etwas Papiergeld für den Spendenpott loswerden und mich verabschieden. So war Weihnachten 2008, ach so ich habe mir noch eine Batterie für meinen Fahrradcomputer in Tschechien geleistet (50 Cent- bei uns 3,99) und dann noch paar Turnschuhe im Kaufland Freiberg gekauft, für die stolze Summe von 9,99 €. Aber am Besten waren der kleine Waldlauf mit einem Vierbeiner und die netten Leute im Tierheim.


Weg da- hier passt nur ein Hund aufs Bild! Fragen nach meinem Damenbart beantworte ich stets mit der Aussage, dass mich bei meinen Wanderungen Wild- und Nutztiere nicht als Mensch identifizieren sollen.





That's me- Terry!

Sonstiges zu Terry: Alter zwischen acht und neun Jahre, Staffordmix, ziemlich klein und schlank, ruhig, orientiert sich gern an anderen Hunden, deshalb auch als Zweithund geeignet (verträgt sich mit Hündinnen, Rüden und Katzen), bekommt Seniorenfutter, macht einen fitten Eindruck (wenngleich ihn meine Kanten sicher überfordern würden) und weil wir fast schon in einer Tiersendung sind: wer ihn haben will, kann sich ja mit ihm anfreunden (dauert vielleicht drei, vier Tage) und hat dann jemanden für Bett, Sofa und vor allem viel frische Luft! Ich würde auch bei Interesse mit Rat und Tat und ein bissel Hundeerfahrung zur Seite stehen.
Ansonsten beende ich mal schnell, bevor ich selbst schwach werde und empfehle jeden einen Besuch im Tierheim des Vertrauens (habe viele Leute bepackt vorfahren sehen) und dann kann man dort sogar was übergebliebenes an Geld dalassen. Wer nicht so bescheiden dran ist wie ich, bekommt auch eine Spendenquittung- mir nützt sie steuerlich nichts, da ich seit Jahren Steuerflüchtling bin. Der Link zum Tierheim: Tierheim Freiberg

21.12.2008, Stefano Bennis "Geister" Teil II und "Anstaltsordnung" von Kiew

Hallo lieber unbekannter Leser und,
vor Weihnachten und Silvester noch einen Eintrag der in meinem Lesehirn flanieren gegangen ist. Eigentlich wollte ich nur kurz vom Ableben der härtesten Band der Welt berichten- Raz. Wer jetzt stirnrunzelnd auf seinen Monitor schaut, der sollte erst den Beitrag zu "Geister" von Stefano Benni lesen. Wer Bescheid weiß und schon fast Fan von Raz ist der kommt gleich in den Genuss des tödlichen Verschwindens dieser Combo.
Vorher noch eine kurze Musikrezension. Neulich wankte ich regenüberströmt durch den Schneematsch zwischen Bornwaldschänke und Neunzehnhainer Talsperre II. Ich hatte wieder mal paar neue Alben auf mein Handy geladen und so Musiksupport. Zum zehnten Mal hörte ich den Opener der Band "Kiew" von ihrem Album "Audiotherapy". Dieser trägt den vielsagenden Namen "Anstaltsordnung" und ist eine Ansage über quengelndem aber zurückhaltenden Elektromüll. Ich find' das Klasse, der Ansager hat eine fordernde Lautsprecherstimme und verkündet folgendes:

Willkommen, sie befinden sich hier im gesicherten Eingangsbereich einer geschlossenen Abteilung mit hoher Sicherheitsstufe. Bitte beachten sie daher die folgenden Hinweise.
Sicherheitsschleuse: Der Zugang zu dieser Abteilung erfolgt einzig über diese Sicherheitsschleuse in der sie sich gerade befinden. Es lässt sich jeweils nur eine der beiden Türen gleichzeitig und nur unter Verwendung der Decoderdisc mit den darauf abgespeicherten multiplen Persönlichkeitsdaten öffnen.
Arbeitsgeräte: Dieser Institutsbereich ist auf Elektro- und Geräuschtherapie spezialisiert. Die hier untergebrachten Patienten haben daher naturgemäß eine starke Affinität zu Lärm und bisweilen auch nebelerzeugenden Gerätschaften. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass die Insassen ohne ärztliche Supervision Zugang zu solchen Geräten bekommen. Dies gilt insbesonders für die in Zimmer 72 untergebrachten Fälle. Sollten für Reinigungs- und Reparaturarbeiten auf der Station nebel- und geräuscherzeugenden Gerätschaften benötigt werden, so ist der Einsatzbereich und Zeitraum des Einsatzes mit dem behandelnden Arzt abzusprechen. Das Eintreffen ist dem diensthabenden Pflegepersonal zu melden. Geräuschpegel und Arbeitsdauer ist in die im Stationszimmer ausliegende Playlist einzutragen. Blitzlichtgeräte sind aufgrund der möglichen Auslösung akuter strobopsychotischer Schübe nicht zugelassen.
Medikation: Das mitführen von Medikamenten in jeglicher Form, insbesondere leicht verdaulicher Silberscheiben, schwerer verdaulichen Kiew- Import- Vinyl, Disketten und ähnlichem ist nur dem diensthabenden Arzt gestattet.
Hörschutz: Im Verlauf der hier ausgeübten Therapietätigkeit werden Lärmpegel bis weit über 130 Dezibel erreicht. Besuchern und Personal ohne Spezialausbildung in diesem Bereich wird daher dringend die Verwendung eines entsprechenden Hörschutzes empfohlen, da ansonsten ein erheblicher Schaden an den Hörorganen entstehen kann. Für Folgeschäden bei Nichtbeachtung dieser Hinweise ist jede Haftung durch unser Institut ausgeschlossen. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt.

Danach geht der EBM- Elektro- Verstärker- Verzerrer- Terror los. Gleich der folgende Song mit dem Titel "Nachtwache" macht ordentlich Alarm und wird von einer flüsternden Mädchenstimme begleitet, die immer wieder haucht: "Ich möchte ihnen mein Geheimnis verraten. Ich sehe tote Menschen." Im Folgestück "Wenn sie" weinen zwei Mädchen um die Wette und schreien: "Ich hab Angst", untermalt von harten Beats und dem Hervorbrechen eines Monsters aus der Wand. Danach wird es mal etwas poppiger, dann wieder monoton- härter, alles schön elektrisch. Das nur mal so am Rande.

Raz ist ja nun nicht unbedingt elektrisch, aber sie sind dann im Hotel gelandet, welches extrem abgeschirmt ist. Soldout wählte darin eine Suite, die "mit Tigerteppichen und Kroko- Teppichboden ausgestattet war, sozusagen ein plattgewalzter Zoo". Am besten fand ich den Einzug des realitätsscheuen Sys Req. Während Suiten mit integrierten Golfplätzen gemietet worden sind, hatte Sys Req ein dunkles Kellergeschoss mit sechzig Computern gebucht. Dann noch die Band "Kindergarden Boys". Die bestellten zehnmal Sahneeis mit Schokolade und Schinkenspeck, dann traten sie kurz ans Fenster, um verblüfft festzustellen, dass draußen kein einziger Fan war. Empört beschwerten sie sich. Fünfzig Marinesoldaten mussten blonde Perücken aufsetzen und sich kreischend unter dem Balkon aufbauen.
Kalif Almibel (ihr wisst schon der 13jährige Erdölmagnat) warf eine Angel mit Golddraht als Schnur aus. Froschmänner setzen ihm Doraden und Zackenbarsche an den Haken, manche davon bereits ausgenommen und geschuppt.
Natürlich und nun endlich gab es auch was zu Raz zu lesen:
Am ungehobeltsten führten sich die Raz auf. Krankio pisste auf den Balkon, Adolf gab dem Gepäckträger eins auf die Nase, weil der eine rote Uniform trug, Hyacinth rannte mit Nagelstiefeln die Treppe hoch und trat an jede Tür, an der er vorbeikam. Ihre Suite war dem Nazi- Hauptquartier im Hotel Lutetia in Paris nachempfunden.
Tja, damit ist es nun vorbei, denn die Raz sind schon vor der Hälfte des Romans Geschichte. Aus dem streng bewachten Hotel gelang ihnen die Flucht, weil sie es ohne ihre tägliche Keilerei nicht aushielten.
Sie knüpften die Saiten von Krankios riesigem E- Bass aneinander, seilten sich daran ab, von den Wachposten unbemerkt und schlichen in den nahen Pinienwald. Dort hatten sie unter Laub und Piniennadeln ihre Marley- Mammuth- 2000er verstecken lassen. Diese Supermotorräder hatten einen so großen Hubraum, dass im Zylinder noch eine kleine Ersatz- Vespa Platz fand.
Auf einer Lichtung entdeckten sie schwarze ambulante Händler.
"Jungs, die schickt uns Wotan", sagte Adolf und ließ die Knöchel seiner Finger knacken.
Danach entspann sich ein lustiger Dialog über "Scheißnigger" und Krankio spuckte in den Suppentopf.
"Was habt ihr hier zu suchen, das Land gehört Weißen, Scheißweißen, aber immer noch Weißen?" fragte Adolf ernst, setzte sich auf einen Baumstumpf und holte demonstrativ ein Klappmesser heraus. "auf eurem eigenen Kontinent ist soviel Platz, warum kommt ihr her mit eurem Dreck und euren Krankheiten? Wisst ihr nicht, was im Buch Maleachi steht, in Vers fünf? ‚Wer ins Land des Gerechten einfällt, erleidet die Strafe, die ihm von den Engeln zugedacht ist'."
"Das Buch Maleachi kenne ich gut", sagte der Koch und ließ ein Kilo Salz in den Eintopf rieseln. "Und in Vers zwölf heißt es ‚Verflucht sei, der sich Gerechter nennt, doch den nur Wut und Herrschsucht treiben, seine Maske wird ihm entrissen werden und im Feuer enden gemeinsam mit ihm."

Daraufhin entwickelte sich eine kleine Schlägerei und paar böse Worte, in denen die Schwarzen vermittelten, dass sie nicht aus Fleisch und Blut, sondern Geister sind.
"Ihr seid bekifft oder sonst wie zugedröhnt", sagte Hyacinth und zog eine Pistole. Diese Sache gefiel ihm immer weniger.
"Oh nein, mein Herr", sagte Halkin. "Zur Zeit haben wir uns als Brillen-, Strandtuch- und Uhrenhändler verkleidet, also Fachkräfte für Beach- Marketing, eine geringe, aber würdige Arbeit. Doch wir haben auch schon Husaren verkörpert, Riesenfrösche und hasenohrige Menschenfresserchen. Wir rauchen nichts und spritzen auch nichts. Wir sind anständige Geister...."
"Hm", sagte Krankio, "dann gebt uns mal eine kleine Vorstellung, damit wir was zu lachen haben, bevor wir euch die Knochen brechen, ihr bekiffte Niggerbande. Macht uns doch mal die Mahaganka oder was ihr wollt."
"Wie sie wünschen, der Herr", sagte Halkin. "Darf ich, Häuptling Brot?"
"Bitte", sagte der Koch.
Halkin begann einen kreisförmigen Tanz und ließ dazu einen misstönenden Gesang erklingen. Die Raz lachten höhnisch, aber das Lachen blieb ihnen im Hals stecken, als sie sahen, wie aus Halkins Füßen Baumwurzeln sprossen. Dann schwoll sein Kopf formlos an und wurde zu etwas Grünem, Pelzigem, die Arme verwandelten sich in Zweige, und binnen Sekunden stand eine mindestens vier Meter hohe fleischfressende Pflanze vor ihm.
"Bei Odin", sagte Adolf und zog die Pistole. Zu spät. Halkin Mahakanga packte ihn und schluckte ihn wie einen Pfefferminzbonbon.
"Wer seid ihr, zum Teufel?" fragte Krankio im Zurückweichen.
"Darüber mach dir keine Gedanken", sagte der Koch, dem inzwischen zwei stattliche Büffelhörner gewachsen waren; aus seinem Unterkiefer ragten Reißzähne empor. "Wichtig ist nur, dass wir heute Abend Kurku (Menschenfleisch, d.S.) im Eintopf haben."
"Kurku, Kurku", skandierten die anderen begeistert.
"He", sagte der kleine Hazel mit einem Blick auf Krankio, "hübsche Tattoos sind das. Darf ich nicht wenigstens einen Arm behalten?"
"Nein", sagte der Koch, schnappte sich Krankio und steckte ihn mitsamt der Kleidung in den Topf. "Das ist alles 1a Kurku. Je gemeiner, desto leckerer."
Der Schrei der Raz hallte durch den Wald. So gut war er ihnen auf der Bühne nie gelungen.
Das war's nun mit den Raz. Ich denke die Geister konnten ihre Gaumenfreude genießen und für alle anderen sei dies eine Warnung, so was kann passieren, wenn man sich nicht wie ein zivilisierter Humanoid benimmt.

19.12.2008, Beichte 2008 vom Träger des Goldenen Doppel- T (Tunichtgut und Taugenichts)

Das Jahr 2008 brachte große Veränderungen mit sich. Nach jahrelanger Arbeitslosigkeit war ich der Deutschen Rentenversicherung solange um den Bart gegangen, bis sie mir endlich eine Rehamaßnahme zustanden. Privat wollte ich der fortschreitenden Verblödung entgegenwirken, dass Arbeitslosen- TV langweilte, meine Musiksammlung konnte ich mittlerweile satanisch rückwärts pfeifen. Also September 2007 eine Testung an einem Berufsförderungswerk in Chemnitz mitgemacht und bestanden. Am 03.12.2007 fiel der Startschuss- endlich durfte ich wieder früh im Berufsverkehr mitmischen!
Den ersten Kratzer an der Fassade des neugewonnenen Lebensgefühles gab es im Februar: Rentenversicherung und ARGE standen sich gegenseitig auf dem Fuß, die ARGE überwies weiter Hartz IV und rechnete dann mit der Rentenversicherung gegen, Opfer der Digitalisierung. Inzwischen war ein Wettstreit der Ämter, Behörden und Verwaltungen entbrannt- wer konnte am schnellsten meinen Briefkasten mit Forderungen füllen?
Platz 1 ging an die AOK Zschopau:
die teilten mir mit, ich sei seit Monaten nicht krankenversichert und kündigten mit dem Vermerk, ich solle meine AOK- Card per Post zurückschicken, sie würden diese umweltfreundlich entsorgen (mittlerweile war die Luft etwas dünner geworden, ich hatte fast 90 € an Zuzahlungen geleistet und eine offene Zahnarztrechnung)
Platz 2 ging an die Rentenversicherung:
die hatten angeblich meine Faxe immer nicht erhalten, oder verschludert und waren nicht in der Lage Übergangsgeld pünktlich zu überweisen
Platz 3 ging an die Wohngeldstelle:
Sorry, von denen wollte ich was.
Platz 4 an die Wohnungsverwaltung:
wegen Platz 2 geriet ich etwas außer Form und rochierte meine Rechnungen herum, Opfer war dann die Wohnungsverwaltung, denen ich vorerst einen Mietrückstand aufbürdete
Platz 5 an die Kfz- Werkstatt meines Vertrauens.
Es sollte ein Jahr der Defekte werden, deshalb Rechnungen und vom angesetzten Fahrgeld blieb auch nichts übrig, hielten sich doch die Ölkonzerne nicht an die Zuschüsse für Übergangsgeldempfänger.
So trudelte die Zeit ins Land und ich wunderte mich zwar, dass ich von 607 € leben sollte, also leben im niederen Sinne, denn die 607 Eier wurden durch Miete (292), Strom (35), Telekom (50), GEZ (17), Autoversicherung, Autosteuern, Kabelfernsehen..... weichgekocht, aber dachte mir nichts Böses, denn mit 130 Euro Lebensunterhaltskosten kann man eine Menge Spaß haben, wenn man nahrungstechnische Genialität an den Tag legt. So verzehrte ich im Februar/März/April ausschließlich ALDI- Melonen- da waren die besonders günstig. Im Sommer schwenkte ich auf Weintrauben um, da waren sie preislich unschlagbar. Glücklicherweise blieb Skorbut aus. Und trotzdem vermittelte mir die Sozialpädagogin am Berufsförderungswerk, dass ich doch einen Zusatzantrag auf unterstützendes Hartz IV stellen sollte. Es wurde erst im August Realität, dass ich mich durch den Antragsdschungel kämpfte und meine Unterlagen in Marienberg vorlegte. Mittlerweile war mein Vermieter zornig geworden und ich hatte Schreiben mit bösen Worten, wie "Dulde ich nicht" und jede Menge Ausrufezeichen im Briefkasten. Nun wurde es eng und da ging plötzlich eine Sonne auf: die ARGE beglich meine Mietschulden und gestand mir fortan ein kleines Zubrot zu. Schön was?! Nur solange man nicht daran denkt, dass ich zwischen Dezember 2007 und August 2008 keinen Antrag laufen hatte, also über tausend Euro abgeschenkt habe.
Was machte ich eigentlich in der Maßnahme? Ich war zu einem gewissen Teil damit beschäftigt Bewerbungen für Praktika zu schreiben- es wurden stolze 111. Daraus erwuchsen vier erschiedene Praktika. Das erste absolvierte ich in der Monotonie einer Computerfirma, wo ich Daten und Bilder für die Umgestaltung des Onlineshops sammelte. Das zweite Praktikum war auch gleich das Härteste. Früh um 7 aus dem Haus, abends nach 6 wieder daheim. Ich praktizierte in einer Zeitarbeitsfirma in der Personalsachbearbeitung/-akquise. Danach wechselte ich das Genre und ging in eine Seniorenresidenz in Chemnitz in die Verwaltung, und weil das gerade hipp war, machte ich das Ganze in Zschopau noch mal. Ja, dann war das Jahr rum, das Ziel wurde meilenweit verfehlt (angestrebte Übernahme nach dem Praktikum in ein festes Arbeitsverhältnis) und ich bin so schlau, als zuvor.
Von uns Teilnehmer hat nur einer das große Los gezogen. Er war schon das Jahr über üppig ausgestattet (bekam über 1000 € Übergangsgeld monatlich) und wurde dann beinahe in ein Praktikum getrieben, weil er keine Lust hatte Bewerbungen zu schreiben. Dieser Praktikumbetrieb war sein einziger und letzter, denn heute ist er dort angestellt- meine Umstände, vor allem finanzieller Natur und die Summe der Bewerbungen kann er bis heute nicht nachvollziehen. Das ist ein Manko meiner Person, es war die dritte Maßnahme seit 1990 und zum dritten Mal war ich in der Gruppe der Depp mit dem wenigsten Übergangsgeld. Augrund meiner naturbelassenen Lebensweise (ein Kumpel meinte mal vor Jahren zu mir: "Das du immer noch klagst, wundert mich, langsam musst du dich doch mal an die wenige Knete und an das Arbeitslossein gewöhnen.") ist es mir irgendwie gelungen mich durchs Jahr zu mogeln, ein anderer Kursteilnehmer hatte weniger Glück und musste den Offenbarungseid leisten. Dazu hätte es auch bei mir kommen können, denn sieh her:

Einmal links (40 €), einmal rechts (40 €) quietschten und jodelten meine Räder, zweimal wurden die Bremsen gangbar gemacht. Einmal, dagegen, flammte morgens in Chemnitz eine rote Kotrollleuchte auf, Bremsensache. Meine Bremsleitung verlor Öl und zwei Werkstätten (eine davon Pitstop) wollten mir für einen Wechsel der Bremsleitung 500 € anbieten, also nicht das ich die bekomme, sondern das wäre ihr Preis gewesen. Durch einen unglaublichen Zufall konnte der Lantra gerettet werden, Hyundai Hirsch auf der Annaberger erledigte dies inklusive Ersatzwagen für 206 €. Danach sollte die große Leidenszeit beginnen, vorab zum Verständnis meiner kolportierten Handlungen: ich hatte bei Ebay einen gebrauchten DVD- Brenner gekauft, um mein antikes PC- System aufzumöbeln. Nach zwei Tagen Testung stand fest- dieser liest keine CD's und brennt demzufolge auch keine. Die Debatten mit dem Verkäufer ("Der ging 100 pro!") endeten in einer Rücknahme und Rückzahlung. Nun wird man aus Schaden klug, wenn man nicht chronischer Pfennigfuchser ist. Also wurde wieder ein Gebrauchter geordert (mittlerweile war ich Brennerexperte, soviel wie ich über deren Technik gelesen hatte). Vor der Absendung wies ich den Verkäufer darauf hin, dass er doch bitte die Lauffähigkeit von CD's testen solle, damit würde sicher gestellt, dass der separate CD- Laser auch intakt ist. Der Verkäufer meldete sich: alles positiv, Teil funktioniert und ist per Post unterwegs. Gespannt wartete ich und packte das gute Teil aus. Im Gegensatz zum ersten, sah er aus wie gerade vom Band gekommen, war dick eingepackt und Zubehör inklusive der DVD- LG DVD Brenner Solution war auch dabei. Also eingebaut, hin und hergejumpert, muß ich jetzt weiterschreiben? Aua, das tut aber weh....Jedenfalls liest er keine CD's ein. Nun zweifelte ich an meinem Verstand und meinem digitalen Pendant. War der PC etwa von Außerirdischen verhext worden, ist die CD- Laserlesetechnik entführt worden? Galileo Mystery liefert die Aufklärung. Ich umriss das Problem in einer Mail an den Verkäufer. Dieser bestritt alles, es läge dann ein Transportschaden vor, hallo, so super wie der verpackt war, habe ich in neun Jahren Ebay- Mitgliedschaft noch nie was bekommen!
Ich kontaktierte in einer Eingebungsphase den Verkäufer des ersten defekten Brenners und fragte, ob er ihn zufällig noch mal getestet hat. Hatte er und er entschuldigte sich vielmals, dieser liest doch keine CD's. Nun waren wir an Pudels Kern. Mit hoher prozentualer Wahrscheinlichkeit ist mein Geister- PC doch in Ordnung und der zweite Brenner auch ein Ofenschuss. Es sollten Wochen ins Land gehen, bis ich das Geld zurück hatte, aber beinahe wieder stärkere Beruhigungsmittel brauchte, denn das Reklamationssystem von Ebay ist der Horror. Die arbeiten mit Satzbausteinen und fügen nur den entsprechenden Namen in das Blabla ein. Wer das nicht erkennt, wartet Jahre auf einen geschlichteten Streit.
Wozu habe ich das erzählt? Ach ja, es ging um mein Auto. Nach längerer Suche und Fahrens mit Panzer- Leopard- Geräuschkulisse durch Chemnitz, fanden meine Werkstatt des Vertrauens und ich einen neuen Auspuff, der aus Italien kommen sollte. Beim nochmaligen recherchieren daheim entdeckte ich das gute Stück im Internet für 80 statt 120 €. Aber na ja, was soll's. Ich konnte ja noch bei den Bremsbelägen den Schlaumeier raushängen lassen. Erst hatte ich welche für 30 € (der Werkstattkurs zum Artikel waren knapp 60) und sie schon im virtuellen Warenkorb, aber dann dachte ich an Ebay und guckte dort noch mal. Und siehe da, es gab noch einen preiswerten Händler. Mit dem wickelte ich das Geschäft an Ebay vorbei ab, überwies die Kohle verbunden mit dreimal gefüllter Betreffzeile (Bremsbeläge für Lantra), dazu noch die ganzen Fahrzeugkennziffern und ID's. Schnell war das Päckchen aus der Pfalz da, beim Auspacken sah ich einen Kleber, worauf stand: "Sie müssen erst den Nippel durch die Lasche ziehen.", nö war Quatsch- es stand drauf: Hyundai Accent, Hyundai Excel, Liftback und dazu verschiedene Hubräume und Kilowattzahlen. Kein Lantra. Ich rief in der Pfalz an und man versicherte mir, das das seine Richtigkeit hat, auch wenn da andere Typen draufstehen, die sind mit dem Lantra kompatibel. Also Werkstatttermin gemacht, stolz wie Oscar über soviel Cleverness und Spartum dort eingelaufen, der Mechaniker hat mit einem Heißlüfter für eine wohlige Umgebung gesorgt, das Auto auf die Bühne Räder ab.... die Beläge passten nicht. Alles rückgängig. Ich bin heim wieder in der Pfalz angerufen und geschildert, wie ich mich zum Eimer gemacht habe. Schnell stellte sich nach einem Rückruf raus, dass der Lagerprolet ins falsche Fach gegriffen hatte. Das weitere lief dann mal okay ab: der DPD fuhr zwei Tage später vor, griff sich die falschen Beläge und händigte mir die Richtigen aus. Nun stand dem Projekt Bremsbelägewechsel nichts mehr im Wege. Anders die Geschichte mit dem Auspuff, der kam auch inzwischen an. Den alten montierten wir mit vereinten Kräften und Zerstörungswut ab. Als wir den neuen anbauen wollten, stellten wir fest, dass die Bürokraft keinen Dichtungsring mitbestellt hatte. Also wurde provisorisch zwischen die Flansche Dichtmasse geschmiert und das Teil verschraubt. Tage später ging es wieder in die Werkstatt, abbauen, Dichtungsring rein zusammenbauen.
Nach drei Wochen stellte sich heraus, dass der noch nicht mal bezahlte Auspuff anfing zu rosten. Meine Einwände führten zu einer Kontaktaufnahme mit dem Händler. Diesem war das Problem mit dem Typ bekannt und er brachte es auf den Punkt: "Wenn ihnen der Auspuff nicht passt, schicken sie ihn doch zurück, dann gibt's das Geld zurück." Diesmal kapitulierte ein streitbarer Geist, wollte er doch nicht wieder wochenlang Traktor fahren. Die anstehende Rechnung wurde auf meinen Wunsch hin ganz weit in den folgenden Dezember verlegt.
Da wir uns nun dem Winter näherten und in meiner Börse eisiges Schweigen herrschte, musste ich runderneuerte Winterreifen im Internet kaufen. Beim Bestellen kann man eine Montagewerkstatt auswählen. Ich vermutete ein Praktikum in Chemnitz und orderte sie in die günstigste Werkstatt in Reichenbrand. Inzwischen war ich aber praktikumtechnisch nach Zschopau transferiert worden, damit war klar, dass die Werkstatt nicht mehr günstig war, Zeitaufwand Berufsverkehr in Chemnitz und Spritverbrauch gaben sich die Klinke in die Hand. Was sich dann abspielte war und ist ein Witz, dessen Pointe ich heute noch suche. Am Besten ersichtlich aus diesem Brief von mir:

Sehr geehrte Reklamationsabteilung von Delti bzw. Hersteller,

anbei zu den Unterlagen noch ein paar Bemerkungen zur Abwicklung und zum besseren Verständnis, was ich anstellen musste, um an ein paar funktionierende Winterreifen zu kommen.

1. Durch einen Fehler meinerseits ließ ich die vier runderneuerten Reifen an das Kfz- Center Sachsen in Chemnitz liefern. Dies bedeutete für mich unter normalen Umständen 70 Kilometer Autofahrt, oder über zwei Stunden, denn es galt den Berufsverkehr in Chemnitz zu durchfahren. Angekommen lief auch vorerst alles glatt, die alten Reifen wurden demontiert, die neuen Reifen montiert, doch dann ließ ein Reifen Luft und der dortige Mechaniker (Lehrling?) versuchte ihn mit einem Brecheisen zu demontieren, wobei er den Reifen zerstörte. Bemerkung des Werkstattchefs:' Hätten sie mal paar Neue von uns genommen, wäre das nicht passiert. Das liegt an den Runderneuerten.' Für den defekten Reifen wurde wieder ein alter Reifen von mir montiert. Auf der Rückfahrt präsentierte sich das Auto extrem schwammig und heftigst vibrierend. Am nächsten Morgen stellte ich fest, dass der alte Reifen platt war. Glücklicherweise hatte ich noch ein Ersatzrad.

2. Nach einer Woche fuhr ich wieder zum Kfz- Center Sachsen, den nachbestellten Reifen montieren lassen. Bei der Gelegenheit übte ich noch mal Kritik bezüglich der Zerstörung des Reifens und meines platten Reifens. Während beim ersten Mal noch der Lehrling eine Teilschuld trug, waren diesmal nur die Runderneuerten und meine Felgen schuld. Auf meine Frage, warum denn Delti dann überhaupt Runderneuerte verkauft, bekam ich keine Antwort. Meine Beschwerden bezüglich der Vibrationen beim Fahren wurden auch mit den Runderneuerten begründet. Wohlweislich wurde ein Rad, welches beim Auswuchten Probleme machte, auf der Hinterachse montiert. Nun war ich schon bei 140 Kilometer und hatte immer noch keine Lösung. Zwar hatte ich vier "neue" Runderneuerte, aber konnte nicht schneller als 80 km/h fahren, da das Auto extrem unsicher war.

3. Also reklamierte ich die Runderneuerten und da ich nicht wusste, welches Rad Probleme machte, der Ärger aber eindeutig von hinten kam, musste ich zwei Reifen reklamieren. Nach längerer E- Mailkonferenz mit vier Mailanschlüssen, wurde mir versichert, dass dem Problem nachgegangen und Ersatz geliefert wird. Ich verwies per Mail auf die Tatsache, dass ich mit dem Kfz- Center Sachsen abgeschlossen habe und auch aus Kostengründen die Reifen in meinen Nachbarort zur Kfz- Werkstatt Lobe in Grünhainichen geliefert haben möchte. Aufgrund eines Kommunikationsproblems war dies dann nicht mehr möglich und ich musste wieder 70 km fahren- diesmal aber holte ich die Reifen nur ab und ließ sie in der Kfz- Werkstatt Lobe montieren. Kurios vorher: im Kfz- Center Sachsen wurde mir gesagt, dass sie eine Mail von Delti erhalten hatten und vier Reifen von mir zurückschicken sollten- im Rahmen eines Umtausches. Dabei hatte ich nur zwei reklamiert und nur zwei waren geliefert worden. In der Kfz Werkstatt Lobe in Grünhainichen wurden dann am 17.12. die Ersatzreifen montiert, allerdings haben diese ein anderes Profil als die zwei erstgelieferten Reifen. Vor der Montage stellte der Werkstattchef fest, dass die Qualität nicht besonders ist, erkennbar an Rostspuren im Innenring des Reifens, dieser wurde also nicht komplett gegossen/aufgearbeitet. Die Rostspuren hat der Werkstattchef weggeschliffen. Zu den Reklamationsreifen, die er sich genauestens ansah und prüfte, meinte er: ‚Ein Reifen ist von der Wucht her problematisch und war mit 165 Gramm ausgeglichen worden (vom Kfz- Center Sachsen in Chemnitz). Der andere wäre soweit in Ordnung, allerdings hätten beide Reifen durch die Kombination ihrer Elastizität (einer extrem hart, der andere sehr weich) durchaus Auswirkung auf die Fahrqualität. Dies kann man aber nicht mechanisch oder ähnlich nachweisen/prüfen, sondern muß durch eine Montage und Probefahrt nachgewiesen werden. Entgegen allen schlimmen Befürchtungen war ich dann noch mit dem Auto unterwegs und konnte feststellen, dass es nun ruhig läuft. Alles in allem brauchte ich also 210 km und sechs Stunden Fahrt, dazu jede Menge Nerven bei der Reklamationsabwicklung (das Online- Reklamationsformular konnte nicht abgesendet werden, da die DOT- Nummern Pflichtfelder sind und weder auf den alten Reklamierten- einmal DOT: 2007, der andere ohne DOT) noch auf den Ersatzreifen, brauchbare DOT- Nummern versehen sind. Die Montagekosten für die Ersatzreifen in Höhe von 22,68 € musste ich vorleisten- dies ist sicher nicht einfach für mich, da ich nur 140 € im Monat zum Leben habe, weswegen ich auch über die Fahrerei nach Chemnitz nicht unbedingt erfreut war. Hätte ich mehr Geld, wären auch keine Runderneuerten in Frage gekommen.

Auf eine weitere Reklamation, bezüglich des falschen Profils der Ersatzreifen verzichte ich wohlweislich.
Nun zum Abschluss noch die Anmerkung zur Rückholung der mangelhaften Reifen. Diese befinden sich nicht in Chemnitz, sondern bei mir in Borstendorf- müssen also hier abgeholt werden. Die entstandenen Folgemontagekosten in Höhe von 22,68 € bitte ich Sie auf mein Konto zu überweisen.

Ich hoffe, dass die restliche Abwicklung inklusive Rückholung nun problemfreier über die Bühne geht und das man nun vor allem bei der Überprüfung der Reklamationsreifen nicht zu dem Schluss gelangt, dass diese in Ordnung sind und ich mich aus Langeweile fünf Wochen mit diesem Thema, defektem Auto und Spritkosten für die Fahrten auseinandergesetzt habe.

Dazu ist anzumerken, dass ich in der Werkstatt in Chemnitz heftig ausgeatmet, oder die Luft aus den Reifen gelassen habe. Jedenfalls waren die perplex, als ich die Reklamationsgummis nur abholte und nicht montieren ließ. Der aktuelle Stand der Ermittlungen ist konform aller bisherigen Erkenntnisse: nach vier Mails, das ich die Reifen nach Grünhainichen geliefert haben will, folgen nun wieder generierte Mails, dass sie alles entschuldigen und mir mitteilen können, dass ein Fahrer von GLS unterwegs nach Chemnitz ist und dort die Reklamationsreifen abholen wird. Ich habe schon wieder alle Drähte glühen lassen und an mehrere Lieferantenmailadressen geschrieben (so an Miss Hajnal und an Miss Oksana in Hannover, bei denen ich mich immer frage, ob die wissen und verstehen was sie tun, ihre Antwortmails inklusive Satzbau gehen verschlungene Wege) um das nächste Chaos abzuschmettern.
Das zum Auto und noch mal Dank an den Alleinunterhalter/Mechaniker in Grünhainichen, der jede Menge Geduld hatte und Außenstände auch mal mit Fingerspitzengefühl behandelt. Allerdings wurden wir auch persönlich und nach meiner Antwort auf die Frage, was ich denn beruflich mache (Maßnahme Rentenversicherung, Praktika), antwortete er: "Achso, wieder so was ohne Sinn." und dachte dabei, so funktioniert eine Geldverbrennungsmaschine per se, oder wohin wandern meine Rentenbeiträge? Leider muß ich ihm recht geben, denn ich trat alle vier Praktika mit der Vorabinformation vom Arbeitgeber an, dass eine Übernahme nicht möglich ist.
Seit dem 03.12. ist die Zwangsjacke geschlossen: Anschlussübergangsgeld der Rentenversicherung ist das Zauberwort. Ich bin nicht mehr maßnahmegebunden und schon wurden große Kanonen ausgepackt, um auf Spatzen zu schießen. Die ARGE strich mein unterstützendes Hartz IV um zwei Drittel zusammen, die Rentenversicherung senkte den Tagessatz von 20,24 € auf 18,02 €. Das sind gleich mal 60 € monatlich, oder zwei Wochen Nahrungs- und Genussmittel. Dazu wurden Besuche bei der ARGE erzwungen, in denen man so tolle Sätze hört, wie: "Was soll denn nun aus ihnen werden?", oder "Was haben sie das ganze Jahr gemacht?". Die anderen Dinge mit Ausrufzeichen kamen auch: "Wenn sie nicht sechs Bewerbungen pro Monat starten, kürzen wir das Geld um 30%!". Andere Dinge zur Mobilität bezüglich Vermittlungschancen konnte ich nicht zufriedenstellend beantworten ("Ich habe noch TÜV bis März und dann wahrscheinlich kein Auto mehr.").
Zwischendurch versuchte ich die Rentenversicherung telefonisch zu massakrieren, nach mehreren Versuchen durchbrach ich die Twilightzone der Warteschleife und landete hörerweise auf dem Schreibtisch um 15 Minuten später zu erfahren, dass es nichts zu erfahren gibt, denn. "Was wollen sie schon wieder, sie sind doch eben erst gefördert worden."
Heute nun enterte ich den Sektor X der ARGE erneut und schilderte mein kleines Finanzproblem und endlich hörte ich das, was ein Asozialer zu hören kriegen sollte: "Mensch, wie können die von der Rentenversicherung so was mit ihnen machen, sie haben ja gar nichts übrig zum Leben. Und das vor Weihnachten. Sehen sie zu das sie zu paar Pfennigen kommen!"
Nun freue ich mich auf Montag, da landet, wie ganz am Anfang des Berichtes ein Bombardement von hochexplosiven Schreiben in meinem Briefkasten. So fordert die ARGE einen Neuantrag zur GEZ- Befreiung, eine Kopie meiner Kfz- Police (die ich per 31.12. gekündigt habe und zu einem Billigstanbieter gewechselt bin) und die Rentenversicherung hat bestimmt einen Brief in petto, dass ich mich umweltfreundlich komplett entsorgen soll. Wer einsteckt muß auch austeilen können: am Montag werde ich an Hajnal und Oksana schreiben und beim Austeilen war ich vor vierzehn Tage auch mal in Form: nach dem ominösen Druckbesuch bei der ARGE zur Information meiner Pflichten, wurden mir komische Jobangebote (u.a. Call- Center in München- beides ist schon schlimm, aber dazu läuft das noch über eine Zeitarbeitsfirma in Zwickau) ans Herz gelegt, mit dem Vermerk, dass es über hundert ähnlich (attraktive) Jobs auf der ARGE- Seite im Internet gibt. Nach vier blödsinnigen Initiativbewerbungen hatte ich die Schnauze voll und habe eine Mail an die Vermittlerin geschrieben, um sie über den Stand meines Strebens zu informieren. Und über die erfolglose Suche nach einer glorreichen Zukunft. Danach herrschte das Schweigen im Walde. Tage später wartete ich meine nächste Wutphase ab und mailte noch mal, mit der Frage, ob es irgendwelche Probleme im Service- Bereich gibt, da Mails nicht beantwortet werden und man auf der teuren ARGE- Hotline ständig zum Musikhörer wird. Ich könne ja meine Bewerbungsunterlagen zu schicken, befinde mich händeringend auf Jobsuche, ergänzte ich.
Diesmal dauerte es nicht mal 24 Stunden, wahrscheinlich hatte man ein Sägen am Bürostuhl vernommen. Meine Vermittlerin würde mit Hochdruck an meinem Problem arbeiten und zusehen, dass sie mich wieder ins kalte Wasser der Marktwirtschaft schmeißt.
So, nun schließe ich aber den Bericht zur Lage fernab von Rezessionen und Ausgeburten der Finanzlochhölle, im Großen und Ganzen ist es doch nur rechtens, denn was würde ich machen, wenn es plötzlich bergauf ginge, könnte man dann noch die Homepagebesucher mit diesem Domainnamen verarschen? Würde es Bückware#4 noch geben, wenn der Schreiber zwar keine Zeit hätte, dafür aber die Druckkosten aus der Portokasse bezahlen könnte? Ich weiß es nicht, Fakt ist: egal ob mit oder ohne Auto bis in den knapp 40 Kilometer entfernten Copyshop in Kändler: es gibt sicher wieder Druckwerk. Auch auf einen eventuellen Protestmarsch zu Fuß bin ich eingestellt, momentan absolviere ich ein ausgeprägtes Trainingslager zwischen Holzbrücke Hohenfichte (vier Stunden, achtundvierzig Minuten), Neunzehnhainer Talsperre I (knapp drei Stunden) und die Tortur Eppendorf-Forchheim über die Saidenbachtalsperre stehen auf meinem Kurs.
Auch nicht vermiesen lasse ich mir 2009 die Heimspielbesuche des beinahe glorreichen GBC und die Krawallmusikveranstaltungen im AZ, dort wird kontinuierlich mein Spektrum Genuss absolviert: 5 € Eintritt, 1 € Flasche Cola, zwei Zigaretten zu vorgerückter Stunde.
Halten wir es vorerst wie die Connection Barflies United FC St. Pauli/Bohemians 1905 Prag: Sometimes antisocial, always antifascist!

13.12.2008, Stefano Benni's "Geister"

Da ich schon lange nichts mehr im Tagebuch geschrieben habe, wird es nun mal wieder Zeit. Da ich auch mal versprochen hatte, die Weltliteratur weiter zu beobachten, wird es nun mal wieder Zeit. Wie schon im Fußballbericht zum Spiel Grünhainichen gegen Krumhermersdorf II geschrieben, lese ich gerade Stefano Benni's "Geister". Wie schon in "Gellert Szenario 9" geschrieben beherrscht Benni die Klaviatur der schnellen Kurzgeschichte.

Anfang:
Senor Epaminodas Rios aus Cali (Kolumbien) hat vor zwei Jahren in seinem Gemüsegarten eine sechsunddreißig Kilo schwere Kartoffel entdeckt und sie ein halbes Jahr später geheiratet.
Ende.

Dies aus "Es gibt keine schlechten Menschen, sagte der Bär, wenn sie gut zubereitet sind". Nun hatte ich allen Mut aufgebracht und mich dafür entschieden einen Roman des italienischen Satirikers in Angriff zu nehmen. Was konnte mich erwarten? Erst mal ein Personenverzeichnis der Leute, die dann mal eine Rolle im Buch übernehmen sollen. Das es noch relativ kurz gehalten ist, angesichts der People, die dann im Buch verschlissen werden, hat mich komischerweise noch nicht gestört (eigentlich hasse ich Bücher mit vielen Akteuren). Aber schon die phantasievollen Namen machten Lust aufs Lesen. So gibt es SOLDOUT (König für Show- Bizz und Propaganda), SYS REQ (König für Virtuelles), BOMBAROTTI (Tenor), GINGER (neureicher New- Age- Positive- Thinking- Sänger), PUSSY PUSSINGER (Sex Symbol), MICHAEL TEFLON (einbalsamierter Sänger), SCHMIERSEIF (Komiker), FRAU GRAINE (Kriegsbesorgerin), SANKT TORNISTER (Schulranzenmärtyrer), GOTT (-), MUSASHIMARU (Anführer der tiefgefrorenen Thunfische)........
Und dann fängt alles langweilig und fantasymäßig an und wer da aufgibt, verpasst das größte Chaos an Verwicklungen und Bloßstellungen der Weltpolitik, aber auch Auswüchse unserer Gesellschaft werden hervorgezerrt und breitgetreten. Und das macht richtig Spaß. Der Protagonist des Romans ist Max, Herrscher des Imperiums und wohnhaft in der Weißen Villa, der am Rande einer Weltkonferenz wieder mal liebestoll und vergeblich seiner Praktikantin nachjagt und im begehbaren Backofen der Weißen Villa landet, wo ihm im Dunklen dann Triumphgefühle ereilen: er kriegt einen geblasen. Da er aber ein Volltrottel und Versager ist, hat auch diese Sache einen Haken: die Bläserin ist nicht Praktikantin Melinda, sondern die sowjetische Generalin Galina Trawabanskaja. Um diplomatische Verwicklungen zu vermeiden, lässt Benni sie an einer Verpuffung im Ofen sterben. Was dann (auch im Fußballbericht, d.S.) noch Bob Lucmic (der Erste General) treibt, ist so extrem verzerrt, dass es fast schon wahr sein kann. Er hat sich auf seinen Bomber eine Kanzel mit Maschinengewehr installieren lassen, von der aus er aus Spaß Entenschwärme und Linienflugzeuge beschießt. Oder SYS REQ, der die Realität nicht ertragen kann und im Flugzeug einen Cyberhelm trägt, weil er an Luftkrankheit leidet, aber in der virtuellen Realität kopfüber fliegt und Ziele bombardiert.
Alles in allem sind die ersten 140 Seiten an mir vorbeigerauscht, die Story ist geprägt von einem atemberaubenden Tempo, teilweise Details ohne Einfluss auf den Fortgang, aber immer wieder schleift Benni diverse Politiker, Staatssekretäre, Präsidenten, Militärs und Diktatoren in die Manege, um sie dort völlig überdreht der Lächerlichkeit preiszugeben. Und wenn man nur ein Minimum an Politikinteresse besitzt, weiß man auch, was gemeint ist- egal ob die Geschichte in Neppitalien, Ostravien, Slavien, Betonien, Iraquien oder Lunistan spielt, oder ob die Diktatoren der letzten drei Kriege Wüsten- Sadist, Karpazen- Vampir oder Bananen- Hitler getauft werden.
Als Gegenpol dazu ein Kalif Almibel, der dreizehn Jahre alt ist und 60% des Welterdölmarktes kontrolliert und zur Konferenz mit seiner dreißigtausend Quadratmeter- Jacht erscheint, also die Jacht wird von vier Superlastern gezogen, weil Almibel sie aus Angst vor Attentaten nicht mehr verlässt. Im Schlepptau sechshundert Leibwächter und Vorkoster, u.a. auch für Bubble Gums.
Aber ich lasse mal das ganze Theater weg und bald kommt im Buch die Stelle mit dem Milliarden- Dollar- Konzert zu Ehren des Gerechten Krieges und einige, die bald auf der dreitausend Meter breiten Bühne stehen sollen, reisen gerade in Flugzeugen an, was sich da so zuträgt, spottet jeder Beschreibung, MICHAEL TEFLON, der nur in einer Vakuum- Röhre reist, um nie zu altern, ist da genauso vertreten, wie eine richtig harte Band (die Allüren der Komiker, Tenöre und Rockstars allein sind das Buch wert), deren Sequenz im Flugzeug ich kurz zitieren und Dich, lieber Leser, damit entlassen möchte aus dem Tagebuch:

...Mit ihm (Lucmic, d.S.) flogen rund fünfzig Marinesoldaten, der Ordnungsdienst für das Konzert, der aus schlachtenerprobten Leuten bestand, Julio Arbatax, den Rolling Blades, den Mamma- Machmich- alle und anderen Gangs. Vor allem aber flogen mit ihm die Raz, die härteste und militaristischste Reich- Rock- Band, Idol der americardischen Truppen und der Teenager in aller Welt. Hyazinth, der Schlagzeuger, war ein Erznazi und besaß eine mit Menschenhaut bespannte Trommel. Krankio, E- Baß, war mit sechshundert Hakenkreuzen tätowiert und sah aus, wie die Kreuzung zwischen einem Jaguar und einer Gucci- Handtasche. Mansonk, Sologitarrist, hasste alle und jeden, inklusive seiner Kollegen, weshalb er in einen schwarzen Samsonite- Koffer gesperrt reiste. Schließlich der Leadsänger und Texter, Adolf Velkro P in knöchellangem Ledermantel und mit Hitlerbärtchen. Alle vier tranken Bier und rülpsten ununterbrochen, Mansonk durch einen Luftschlitz im Koffer. Plötzlich stand Krankio mit einem Ruck auf und sagte:
"Ich langweile mich, ich brauche eine ordentliche Keilerei."
General Lucmic seufzte: "Jungs, noch ein bisschen Geduld, in einer halben Stunde sind wir da, dann könnt ihr zusammenschlagen, wen ihr wollt."
"Nein", sagte Krankio, "ich bin ein Raz, der härteste und brutalste der Welt, und wenn ich Lust auf eine Keilerei habe, dann will ich sofort eine und nicht warten, du Arsch."
"Tut mir leid", sagte Lucmic, "ich nehme an du weißt, dass wir Marines dazu ausgebildet sind, jede Beschimpfung zu erdulden, ohne mit der Wimper zu zucken. Du wirst weder mich noch meine Männer dazu bringen, die Hand gegen dich zu erheben."
"Ich will auch nicht die Hand gegen dich erheben, du alter fetter Kinderficker, übrigens weiß ich genau, dass du dich von den gefangenen Schlitzaugen poppen lässt, das ist dein liebster Zeitvertreib, und ich weiß auch, dass du beim letzten Mal, als du ein Gewehr in die Hand genommen hast, deinen Kiefer getroffen und dir außerdem ein Ei abgeschossen hast, aber was soll man auch anders erwarten von einem pazifistischen, schwulen Arschgesicht wie dir."
"Das ist nicht wahr...also ich meine, was du sagst, Zivilist, interessiert mich nicht", sagte Lucmic, am ganzen Leibe zitternd.
Der Anführer der Marines trat vor, der legendäre Sergeant Madigan.
"Zurück in Reih und Glied!" befahl er.
"Sie müssen der berühmte Madigan sein, genannt Chicco, weil sie zum Kämpfen Windeln anziehen müssen, ein sauberer bolschewikischer Feigling, du sollst ja angeblich die Nigger so hassen, aber in Wirklichkeit bist du selber die Frucht eines Nachmittags, als deine Mutter den Black Bears, der Baseball- Mannschaft, Pizza gebracht und es geschafft hat, sich von allen stöpseln zu lassen, bevor die Pizza kalt war."
"Ich darf um Erlaubnis bitten", sagte Madigan, "diesen tätowierten Bastard nur ein ganz klein bisschen durchzuprügeln."
"Nein, Sergeant", sagte Lucmic. "Vergesst eure Ausbildung nicht, Jungs."
"Heh", rief Mansonk aus dem Koffer, "kennt ihr die Geschichte von dem vietnamesischen Zwerg und den zehn Marines im Aufzug?"
Alle kannten sie, konnten sich aber beherrschen. Da trat Hyazinth vor und sagte: "Heh, Jungs, stimmt es eigentlich, dass es Marines gibt, die ein Jahr lang an der Front sitzen und ihrer Mutter keine einzige Postkarte schreiben?"
Das war zuviel. Es entbrannte eine derartige Schlägerei, dass das Flugzeug Zickzack flog und die Piloten der Präsidial- Eskorte ihren Kollegen im Bomber anfunkten, um zu hören, was da vorging.
"Nichts", antwortete der, "sie spielen Würfel, ohne die Würfel aus der Tasche zu holen."

02.11.2008, Happy Datenbankfilling

Nun mal wieder paar Zeilen, diesmal aus gegebenen Anlass. Irgendwann vor acht Jahren, als ich die Schulbank drückte, kam mir in den Sinn meine Musikdaten zu verwalten. Also legte ich in Access eine Tabelle an, die folgendes enthielt: Künstler, Titel, CD- Name, Qualität (CD, MC, MP3) und eine Spalte für Bemerkungen.
Diese füllte ich mit 1500 Daten. Am Ende der Schulzeit wollte ich dann eine professionelle Datenbank haben. Dazu mussten Tabellen angelegt und natürlich normalisiert werden. Eine Idee hatte mein Datenbanklehrer, aber er wusste nicht, wie man meine 1500 Titel und Spalten importiert. Also blieb ich bei einer Tabelle, die eigentlich in Access nichts verloren hat.
Mittlerweile war sie bis auf 2400 Titel angewachsen und vor drei Wochen wollte ich dieses Problem erneut in Angriff nehmen, gegebenenfalls mit dem Wahnsinn die 2400 Titel + Interpreten + CD- Name + Bemerkung + Qualität per Hand einzugeben, diesmal sollten es aber getrennte Tabellen werden, also eine Datenbank mit schönem Eingabeformular. Alles was ich so probierte ging schief und ich wandte mich in meiner Not an die Mitglieder eines Datenbankforums. Nach kurzem Intermezzo lernte ich Manfred aus Berlin kennen, der angesichts meiner Idee ganz rollig wurde. Ich mailte ihm meine Tabelle und er begann eine Datenbank zu designen. Von nun an gab es nachts regen Mailverkehr, ständig hatte ich neue Datenbanken im Postfach und testete und grübelte und entdeckte hier und da Fehler, die Manfred dann ausbügelte. Den größten Coup landete er aber damit, dass es ihm gelang meine 5 Spalten mit 2400 Zeilen in verschiedene Tabellen zu transportieren, ohne das der ganze Kram seine Zuordnungen verlor. Offiziell hat er vier Stunden für das Code- Schreiben gebraucht.
Nun habe ich die perfekte Datenbank und es wird mir nicht mehr passieren, dass ich eventuell eine CD doppelt kaufen könnte (so wie es mir mit "Staring at the sea" von The Cure beinahe passiert wäre). Wer nun dieses meisterliche, dennoch schlichte und begreifbare Kraftpaket von Musikdatenbank auch haben will, kann dies kostenlos hier downloaden: Musikdatenbank. Die gesamte Schaffensphase von Manfred ist hier zu bestaunen: Beispiele für weitere Datenbanken.
Nun noch zur Musikdatenbank: der Download ist nur paar Kilobyte groß und eine rar- Datei. In dieser findet ihr zwei Dateien. Eine enthält das Kürzel FE für Frontend, die zweite BE für Backend. Ihr löst die Dateien aus dem Archiv und kopiert sie euch z.B. auf den Desktop. Dann erst Frontend öffnen, es erscheint eine Meldung, dass was verbunden werden soll. Dies muß dann getan werden, also die Backend aufrufen und verbinden und schon erscheint das Formular, in welches ihr dann eure Daten eingeben könnt. Fortan könnt ihr losbasteln, aber (für Unerfahrene) nicht vergessen, das Access beim Schließen immer den letzten Stand speichert, also vorsichtshalber nebenbei immer noch mal woanders speichern/ablegen.
Ansonsten werdet ihr über die ausgiebigen Suchfunktionen und Möglichkeiten begeistert sein. Achso, natürlich ist noch vieles anpassbar. Zum Beispiel die Möglichkeit nach Genres auszuwählen. Dazu den Button Genre betätigen, irgendwas eintragen, z.B. Trash Metal oder Hip Hop und schließen. Dann habt ihr im Formular (ganz links das Menü) weitere Genreauswahlmöglichkeiten.
Klingt alles ganz gefährlich, isses aber nicht. Da ich auch ein Laie bin, ist es halbwegs verständlich entworfen. Wer trotzdem nicht klarkommt, kann mir eine Mail senden, ich beantworte sie in der Regel zwischen 8 und 9 Uhr abends. Schwierige Sachen leite ich eh an Manfred weiter.
Also: fröhliches Datenbankfüllen!

13.10.2008, Manfred Flügge's Gotteslästerung?

Es geschah auf den paar Kilometern zwischen "Bornwaldschänke" und "Neunzehnhainer Talsperre II". Ich las beim Spazieren die letzten Kapitel von Manfred Flügge's "Die Unberührbare". Vorher war ich zufälligerweise mit Gisela Elsner's "Abseits" zugange, der erste Roman von ihr, der mich nur anfangs lachen ließ und der in einem Fiasko endet (der Selbstmord der Protagonistin). Also wollte es der Zufall, dass ich gleich danach Flügge's Roman in die Hand bekam/ersteigert hatte. Es sollte um Gisela Elsner herself gehen, ein Abriss ihres Lebens. Dabei sei die Frage erlaubt- muß es nach dem Film und Drehbuch (von Roehler) nun auch noch ein Roman sein?
Die Frage konnte ich für mich nicht endgültig beantworten. Flügge lässt Hanna Flanders (wie auch im Film mit Hannelore Elsner) letzte Lebenszuckungen Revue passieren, lässt den Leser in Erinnerungen eintauchen und mitleiden, wie sie sich abgefuckt unter Wodka und Tabletten in der Wendezeit herumschleppt und nach dem Sinn ihres Lebens sucht. Eigentlich ist die ganze Party kurz erzählbar.
G.E. oder eben H.F. schreibt bösartige sozialkritische Romane, die das Spießertum an die Wand stellt und passt eigentlich prima in eine BRD- Zeit, die modebewusst einen revolutionären Rummel inszeniert. Sie wird gefeiert und hofiert, gewinnt einen mit 10000 Dollar dotierten Preis und steigt in die Upperclass auf. Nebenbei führt sie eine kurze Ehe, in der sie auch einen Sohn zur Welt bringt, den sie aber später ans Leben verliert. Hart am Wind verliert sie sich selbst in ihrer kreativen Bösartigkeit und kommt langsam aus der Mode (der revolutionäre Wind war abgeflaut). Lediglich in der DDR wird sie noch vorgezeigt, als Beispiel der intellektuellen Dichterin, die dem Feind das Fell über die Ohren zieht. Und plötzlich ist sie da- die Wende. Ihr wird der Boden unter den Füßen weggerissen, sie geistert nach Berlin, wohnt in runtergekommenen Löchern, kehrt nach München zurück- abgebrannt, ohne Geld für Tabletten, Wodka und Zigaretten. Der Weg führt zu ihren Eltern, die vorher schon ihre andere Tochter verloren hatten (da kommt der Anker zu "Abseits" von G.E.; die Protagonistin war also ihre medikamentensüchtige Schwester). Sie bettelt um 10000 Mark, erhält aber nur Bleiberecht in ihrem Kinderzimmer- und wie auch ihre Schwester kann sie das nicht, sie tingelt nach Darmstadt, Nürnberg und München, landet in einer leeren Wohnung, wo sie im Laufe der Wochen jeglichen Halt verliert und schließlich sturzbetrunken und zugedröhnt in die Psychiatrie kommt. Es sollte ihre letzte Reise sein, denn wie schon in Jugendbriefen angekündigt (Springt man am Besten vom Eifelturm, von der Tower Bridge oder von einer Kirche?), macht sie sich schließlich unwiderruflich unbeugsam und stürzt sich aus dem Fenster.
Flügge zerpflückt ihr Leben, hinterlässt Gedankenfragmente, Sätze ohne Prädikat. Sicher schwierig zu lesen, ich könnte es jetzt kritisieren, aber der Onkel hat ein unerhörtes Renommee und spielt in der Bundesliga, während ich in der Kreisklasse auf der Bank sitze. Dennoch stellt sich die Frage, ob es auf 155 Seiten erlaubt sein kann, eine solch prägnante Poetin unter wohlweislich falschem Namen zu skizzieren? Die Antwort bringt er im Nachklapp:

Für diesen Beitrag zu einem Lebens- und Zeitbild gilt der Satz von Christa Wolf: "Wie man es erzählen kann, so ist es nicht gewesen."

PS: Gisela Elsners Untergang begann eigentlich mit der Provokation ihres Eintritts in die DKP. Somit wurde sie von der schrägen, wortgewandten Außenseiterin zum Feindbild.
Parallel dazu frage ich mich als Egoist: wird da nicht gleich mein Punksein in der DDR zum Spiegelbild der Elsner? Zum Schluss haben wir eins gemein: sie trug ihrer exzentrische Perücke bis zum Untergang und ich werde mit Basecap beerdigt.
Auf dem Rückweg von der Talsperre "Neunzehnhain II" habe ich mich musikalisch abgeschossen. Lokalmatadore via Handyplayer. Meine rezeptpflichtige Dosis Antidepressiva, die ich viermal täglich schlucke, hatte längst an Wirkung eingebüßt…


31.08.2008, Fußballturnier und Müllstation

Nun war es endlich wieder so weit, mögen sich viele Freizeitkicker gedacht haben, Freizeitkicker, die alternativen Gedanken nachhängen. Das alljährliche Fußballturnier fand diesmal nicht auf dem Badsportplatz in Grünhainichen statt, sondern wurde auf "Nebenplatz 11" in Börnichen bestritten. Die dortige SG Einheit durfte sich über paar Euros Platzmiete freuen.
Wieder mal war alles Klasse vom "Dorftrottel" organisiert- es gab Bier, Wasser, Cola, warmes Essen zu humanen Preisen, dazu kostenlos Punk- und Skamucke und absolut gratis restalkoholgeschwängerte Sprüche eines nicht namentlich erwähnten Platzsprechers.
Angetreten waren sechs Teams, namentlich sekundär, aber doch erwähnenswert: Dynamo Zschopau, St. Pauli FC Lengefeld, MIB Drebach, Einheit Durscht, Preußen Berlin und Dorftrottel Waldkirchen. Einige Teams wurden diesmal mit aktiven Kickern aufgefüllt, man sah das nicht so enge.
Leider kam es gleich in den ersten beiden parallel laufenden Spielen zu Verletzungen. Ein ausgekugelter Finger und (noch schlimmer) eine schwerwiegende Bänderverletzung (wahrscheinlich sogar Riss- dabei wird der Kicker Ärger bekommen, da er Stammspieler eines regionalen Bezirksklasseteams ist). Das Krankenhaus Zschopau durfte sich über Arbeit nicht beklagen. Jedenfalls traten alle gut gegen den Ball und zu guter letzt siegte Lengefeld und kann sich nun ein Jahr über den Besitz des Wanderteddys freuen, der auch schon in Berlin weite Weltluft schnuppern konnte.
Der abendliche Knaller war die Konzertveranstaltung im AZ in Waldkirchen, zu der sich fast 200 Leute eingefunden hatten. Ich war mit einem Bekannten aus Karlsruhe da, der vor nicht allzu langer Zeit nach Chemnitz emigriert ist. Seine Meinung beim Anblick der Menschen: "Soviel Punks gibt es in ganz Chemnitz nicht." Recht hatte er, weiß der Teufel aus welchen Löchern die alle gekrochen kamen. So stieß das Innenleben des Schweinestalls an sein Fassungsvermögen und ich gönnte mir nur eine halbe Stunde Atonal aus Freiberg, wahrliche Althaken, die schon zu DDR- Zeiten zusammen musizierten. Auch der westlichen Musik zeigten sie sich offen und coverten alte Hits, u.a. von Razzia. Ich gab mein bestes und versuchte im Dunklen durch drücken mehrerer Tasten auf der Bridgecam paar Bilder zu schießen, aber das einzige was passierte, waren immer mehr dubiose Warnhinweise und Symbölchen auf dem Display. Schöne Welt, wenn man erst studieren muß, um paar Fotos zu knipsen.
So zog es mich dann vor die Bunkertür an die frische Luft, wo die Hälfte der Besucher rumlungerte und ich nette Leute aus alten Zeiten begrüßen konnte, die sich extra zum "Tag der alten Männer" verabredet hatten. Mit meinem Begleiter aus Karlsruhe hatte ich dann noch Vergleichsdispute, wie man früher an Lederjacken und Outfit kam. Er flog nach London, um eine Jacke zu kaufen, bei uns wurde irgendwas in Eigenregie schwarz gefärbt und dann bemalt. Natürlich geizte ich nicht mit meinen Erlebnissen zu DDR- Zeiten auf dem Chemnitzer Hauptbahnhof, angefangen von Taschenkontrollen, bei denen ich den kompletten Inhalt inklusive dreckiger Wäsche auf den Bahnsteig kippen musste, über diverse Personalausweiskontrollen durch die Trapo, bis hin zur Konfiszierung eines selbstgebastelten Stachelarmbandes. Für ihn war das ungeheuer spannend, für uns früher nervend. Warum ich in der Folgezeit nicht fotografiert habe, weiß ich nicht, Probleme mit Motiven gab es aber nicht: ,Lachs' torkelte mit Stars and Stripes- Mütze, Stars and Stripes- Jackett und pechschwarz angemalten Gesicht als Obama durch die Kante und das ungekrönte Hochlicht des Abends war ein Punk, der sich auf einen Imbisstisch stellte und sich unter dem Toben von etwa fünfzig Mann komplett entblätterte und dann aus mehreren Bierflaschen eine Dusche erhielt. Festzuhalten bleibt- er war PORNO, wie man heute so schön sagt. Komplettrasur und vielleicht auch vorherige Darmspülung, by the way.
("So was gibt's in Karlsruhe nicht!")
Drinnen begann der Hauptgig dieser Nacht: Müllstation. Welch ein Klang in Punkers Ohren. Mit Hits ihrer ersten Gehversuche 1977 läuteten sie den Abend ein und natürlich waren auch die Chartbreaker am Start.
Punkrockkönig, geil und auch die jüngeren Besucher konnten den Text auswendig mitgrölen.
("Ich bin der Punkrockkönig aus dem Mansfelder Land,
ich habe 'ne Lederjacke an mit viel Gelumpe dran,
ich hab de Haare gestylt,
auch wenn sich Mutter aufgeilt,
ich habe Platten von Clash und Shame 69
und die zieh ich mir Abend für Abend rein.
Of Arbeet bin ich gut angesehen,
denn arbeeten müssen och de Punker gehen.
Und wenn mich dann mal eener doof anmacht,
mich beschimpft und auslacht,
dann geht mir das total am Arsch vorbei,
will meine Ruhe und keene Schlächerei.")
Zwischendurch mahnte ich den Westler zu verstärkter Aufmerksamkeit, da noch "Pogo im VPKA" ausstand.
"VPKA??"
"Volkspolizeikreisamt!"
"Volkspolizeikreisamt!?!"
Und so kam es dann auch am Schluss zum Smashhit.
("Tausend Polizisten singen,
tausend Polizisten springen,
so was war noch niemals da,
Pogo im VPKA.
Die Punks könn' es gar nicht verstehen,
was ist bloß mit der Polizei geschehn.
Hardcore im Polizeiohr,
I fought the law.
-Dauersingsang-Trillerpfeife-
1,2,3
Wachtmeister Meier ist auch dabei.")
Manche Sachen überleben sich nie, verbrauchen sich nie.
Es war viertel Zwei und ich war mit meinem Gast auf dem Weg zum Auto, da sahen wir eine Dreiercombo in Grün, die mit Taschenlampen bewaffnet zwei sitzende Punks und einen Hund vom Bürgersteig verjagen wollten. Nicht nur das sie dabei mitten in der Nacht den Motor ihres Bullys laufen ließen, nein, wahrscheinlich befürchteten sie, das die Punks jungen Frauen den Weg versperren könnten, wenn sie mit dem Kinderwagen vom Einkaufsbummel aus dem Shoppingcenter Waldkirchen kommen.
Letzte Worte:
"VPKA?"
"Pogo im VPKA!"

PS: Viele denken ja, weil sie die Arbeitslosen Bauarbeiter gesehen haben, den Nabel der Punkrockwelt zu kennen. Schön zurechtgedacht, ihr Vopos.
PS2: Chaos aus den Bildern, teilweise überbelichtete Aufnahmen eines Unterbelichteten.

























28.08.2008, Milan Kundera und Musik

Hach, neben Rückschlägen in beruflicher Sicht gab es auch nette Sachen, die mich in letzter Zeit begeistert haben. Eine davon ist die unendliche Geschichte um "Carnage Visors".
"CV" ist ein depressiv- melancholisches Instrumentalstück von The Cure mit einer Spiellänge von 27 Minuten und 40 Sekunden. Es erschien als B-Side des Albums "Faith" und soweit ich weiß nur auf Magnetbandkassette. The Cure waren in letzter Zeit stark damit beschäftigt alte Scheiben digital zu "remastern" und als CD rauszubringen (so auch die punkige "Three Imaginary Boys"). Das hat man auch mit "The Faith" gemacht, allerdings fehlte die B-Side, also "CV". Viele Fans weltweit stürzten sich deshalb auf eine Compilation mit B- Sides, die man für sagenhafte 48 € erwerben kann. Es fehlte: CV.
Also beschritt ich für mich legalisierte Wege und erhielt über Umwege (da ich nur 56K Modem habe) CV als MP3. Es gibt in dieser Hemisphäre noch Freaks, die Mitleid mit einem Hirni aus dem Erzgebirge haben. Natürlich weckt CV schlummernde Ideen. Vor allem, wenn man so marode und morbide (man wird es am Layout von "Bückware#3" sehen) gestrickt ist wie ich. Mit Hilfe meiner Kamera könnte ich nun herrliche Filmchen drehen und mit CV untermalen. Na, mal sehen.
So nun noch zur Literatur. Nach dem Abschluss von "Coldheart Canyon", welches ich hoffentlich tief im Innersten unwiederbringlich begraben habe, ging es auf Empfehlung einer Bekannten an Milan Kunderas "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins". Überragende Kritiken bei amazon, ebay und in Literaturforen weckten zusätzliches Interesse. Und dann ging es gleich in die Vollen. Es tauchte der Name Nietzsche auf und ich wurde an meine Versuche erinnert Schopenhauer zu lesen, was gleichbedeutend mit der Inhalierung von Wahnsinn ist, da man nach zwei Sätzen wieder von vorn beginnen kann und sich ständig unverstanden auf einer Walzerbahn fühlt. Glücklicherweise wurde es nach dreißig Seiten besser und es war ein Handlungsstrang zu erkennen, der aber zigmal neu geflochten und immer wieder von persönlichen Einwürfen Kunderas begleitet wurde. Da es schließlich ein Buch über Liebe, Eifersucht und Gefühle ist, lernt man spezielle Denkmuster der handelnden Personen kennen. Aber bitte, ich war in Zeiten langer Haarpracht kein Kostverächter, doch wie in diesem Buch die Frauen ticken und denken...entweder bin ich mein Leben lang auf Sonderschülerinnen reingefallen oder es ist die Denke im Schatten des Prager Frühlings völlig intellektuell gewesen. Wenn ja, dann beamt mich dorthin. Jedenfalls geht es viel um diesen Prager Frühling, um völlig abstruse Geheimdienstmethoden, die die Stasi fast wie eine Kindergartengruppe wirken lassen. Schrecklich. Nicht umsonst ist Kundera nach Frankreich emigriert. Okay, und nun für dich, mein Leser (ohne anmaßend wirken zu wollen) ein paar rausgeschnipselte Szenen, die das Buch völlig falsch darstellen:

...Das war er nicht gewohnt, und er geriet etwas in Verlegenheit. Sie begann, ihm die Hose aufzuknöpfen. Er befahl ihr noch ein paar Mal (mit komischem Misserfolg): "Ziehen Sie sich aus!", doch blieb ihm nichts anderes übrig, als auf einen Kompromiß einzugehen; nach den Spielregeln, die sie ihm bereits beim ersten Mal aufgezwungen hatte ("Wie du mir, so ich Dir!") zog sie ihm die Hose aus und er ihr den Rock, dann sie ihm das Hemd und er ihr die Bluse, bis sie sich endlich nackt gegenüberstanden. Er hatte die Hand in ihren feuchten Schoß gelegt und ließ die Finger zur Afteröffnung gleiten, zu der Stelle, die er an allen weiblichen Körpern am meisten mochte. Die ihre war ungewöhnlich hervortretend, was in ihm die Vorstellung eines langen Verdauungsrohres wachrief, das hier leicht vorragend endete. Er tastete den festen, gesunden Ring ab, diesen schönsten aller Fingerringe, in der Sprache der Medizin Schließmuskel genannt, und auf einmal spürte er ihre Finger an derselben Stelle auf seinem eigenen Hinterteil. Sie wiederholte alle seine Gesten mit der Präzision eines Spiegels.

Nun, im Verweis auf ältere Tagebucheinträge könnte man auch sagen, dass sie sich gegenseitig gekämmt haben. Aber gut, gehen wir ins Bad und kühlen uns ab.

Sie sagte in bettelndem Ton:"Sie lassen mich nicht bei Ihrer Toilette assistieren?"
Zu guter Letzt schaffte er es doch, sie hinauszuschicken. Er wusch sich, urinierte ins Waschbecken (eine weitverbreitete Gewohnheit tschechischer Ärzte), und es schien ihm, als ginge sie ungeduldig auf und ab und suchte einen Vorwand, um in das Badezimmer einzudringen.


"Gellert Szenario 7" berichtete darüber was passiert, wenn man in Waschbecken pisst. Ansonsten bin ich aus hygienischen Gründen für einen Einstellungsstopp tschechischer Ärzte ins Zschopauer Krankenhaus. Aber jetzt brilliert Kundera:

Mitten in der Nacht wachte er auf und stellte überrascht fest, dass er lauter erotische Träume gehabt hatte. Ganz klar konnte er sich nur noch an den letzten erinnern: in einem Schwimmbecken schwamm eine riesige nackte Frau auf dem Rücken, sie war mindestens fünfmal größer als er und ihr Bauch war über und über mit einem dichten Haarpelz bedeckt, vom Schambein bis zum Nabel. Er schaute vom Beckenrand auf sie nieder und war wahnsinnig erregt.
Wie konnte er bloß erregt sein in einem Moment, da sein Körper durch Magenschmerzen geschwächt war? Und wie konnte er erregt sein beim Anblick einer Frau, die in wachem Zustand nur Ekel in ihm hätte erregen können?
Er sagte sich: Im Uhrwerk unseres Kopfes drehen sich zwei Zahnräder gegenläufig. Auf dem einen sind die Visionen, auf dem anderen die Körperreaktionen. Der Zahn, auf dem die Vision einer nackten Frau eingezeichnet ist, berührt den zahn gegenüber, in den der Befehl zur Erektion eingraviert ist. Verschieben sich die Rädchen aus Versehen und gerät der Zahn der Erregung in Kontakt mit dem Zahn, auf den das Bild einer fliegenden Schwalbe gemalt ist, so richtet sich unser Glied beim Anblick einer Schwalbe auf.

Ich gründe die AG "Vogelkunde", wer macht mit?

Als ich klein war und mir das für Kinder nacherzählte Alte Testament anschaute, das mit Radierungen von Gustave Dore illustriert war, sah ich den lieben Gott auf einer Wolke sitzen. Er war ein alter Mann, hatte Augen, eine Nase und einen langen Bart, und ich sagte mir, wenn er einen Mund hat, muß er auch essen. Und wenn er isst, muß er auch Därme haben. Dieser Gedanke jedoch hat mich erschreckt, denn ich fühlte, obwohl ich aus einer eher ungläubigen Familie stammte, dass die Vorstellung von göttlichen Därmen Blasphemie ist.
Ohne jegliche theologische Vorbildung habe ich schon als Kind ganz spontan die Unvereinbarkeit von Scheiße und Gott begriffen und folglich auch die Fragwürdigkeit der Grundthese christlicher Anthropologie, nach der der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Entweder oder: entweder wurde der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen und dann hat Gott Därme, oder aber Gott hat keine Därme und der Mensch gleicht ihm nicht.
Die alten Gnostiker haben das genauso klar gesehen wie ich mit meinen fünf Jahren: um dieses verzwickte Problem endgültig zu lösen, hat Valentin, ein großer Meister der Gnosis im zweiten Jahrhundert, behauptet: "Jesus hat gegessen und getrunken, nicht aber defäkiert."
Die Scheiße ist ein schwierigeres theologisches Problem als das Böse. Gott hat dem Menschen die Freiheit gegeben, und so kann man annehmen, dass er nicht für die Verbrechen der Menschheit verantwortlich ist. Doch die Verantwortung für die Scheiße trägt einzig und allein derjenige, der den Menschen geschaffen hat.

Wow. Ist okay so, würde ich sagen. Alle Scheißefahrer sind Engel. Schließen möchte ich für heute, wie ich begonnen habe- mit Musik. Viele reduzieren The Sisters of Mercy auf "More", "Marian", "Dominion" und "Tempel of Love" (womöglich noch die Version mit Ophra Haza), ich klinke mich da aus. Eigentlich hängt mir die Mucke zum Hals raus, nachdem ich die Kassetten hundertmal im Trabbi gehört habe. Vor kurzem entdeckte ich bei youtube aber einen echten Gassenhauer: "Lucretia, my reflection". Immer mit dabei eine Schwarzhaarige als Staffage. Eine schöne Frau, aber....Charlotte Roche hat bei TV Total gesagt, dass fast alle dunkelhaarigen Frauen Analbehaarung haben, leider konnte ich das nie überprüfen, da ich immer ein Blondinenkiller war....nun ist aber gut!
Anbei noch ein Bild, welches der maßlosen Übertreibung von "Gellert Szenario" und (in Teilen) Bückware gerecht wird.

24.08.2008, Mein Urlaubstagebuch

Tag 1:

Kann man das machen- alleine in den Urlaub fahren? Eine Frage, die in meinem Umfeld mit "nein" beantwortet wurde. So ein Urlaub ist was für gestresste Ärzte, abgefuckte Professoren oder unter dem Burn-Out-Syndrom leitende Manager.
"Du willst wohl als Schriftsteller in Klausur gehen?", hörte ich auch.
Nein, die Antwort ist simpel: ich habe momentan seit Jahren keine ‚Matratze' und ich musste raus. Also wochenlang das Internet gequält, wo man mit Hartz IV- Gehalt einchecken kann.
In der engeren Auswahl standen der Grubensee in Brandenburg und ein Campingplatz in Parchau bei Burg. Die Leute vom Grubensee ließen mich hängen, nachdem sie erfahren hatten, dass ich allein komme und damit wenig profitabel bin. Man bot mir zu guter letzt einen Minibungalow mit Liege und Kühlschrank und sonst nichts an. Also schlug ich die Sache in den Wind und widmete mich dem Mailkontakt mit Parchau. Dort buchte ich dann Wohnwagen I mit TV-Gerät und Kühlschrank für 16 € pro Tag.
In der Woche vor dem Start ließ ich noch die Räder meines immer schwammiger werdenden Koreaners auswuchten, da ich auf der Autobahn eine Reisegeschwindigkeit um die 100 km/h geplant hatte. Also früh um 7 Uhr aufgebrochen, in Augustusburg noch die Formulare für den Antrag auf unterstützendes ALG II, Abteilung "vom Vermieter auszufüllen", abgegeben und dann ging es auf die Piste.
Nach 150 km tat mir das rechte Knie vom vorsichtigen Gasgeben weh und irgendwie rettete ich mich auf das Magdeburger Autobahnkreuz, surfte Richtung A2 Berlin und zu guter letzt Abfahrt Richtung Burg-Zentrum. Dort verirrte ich mich leicht und ließ alle Gedanken an böse Omen beiseite und fragte in einer Autowerkstatt nach dem Weg. Kurze Zeit später waren ein VW-Bully, ein VW Passat (beide mit Abschleppseil miteinander verbunden) und dahinter meine Wenigkeit auf dem Weg durch Burg's Gassen.
Okay, ich fand die richtige Richtung dann ohne Hilfe, aber trotzdem nette Leute. Und aber trotzdem ein mulmiges Gefühl, da ich mit meinem PKW und dessen Reparaturen schon paar Mal auf der Existenzklippe stand.
So ging es zum Campingplatz und ich hatte im Vorfeld schon getönt: "Wenn Frau B. zu mir ist wie eine Mutti, dann stehe ich die Woche auch durch."
Frau B. entpuppte sich als 25jährige Blondine, die mich zum Wohnwagen ohne Räder begleitete und die Schlüssel überreichte.
Dann noch die Einweisung "Sanitäranlagen sind den zweiten Querweg rechts und dann links zu finden".
So stand ich im beengten Palast und bestaunte die spartanische (war Spartakus Spartanier, oder woher kommt der Käse?) Einrichtung im DDR-Chic. Das erste was ich machte, war der Test des Minifernsehers, inklusive Receivers. Okay, Funktionstest bestanden. Dann untersuchte ich den laut vor sich hinbrabbelnden Kühlschrank und begutachtete die, von einem Sprelacartschränkchen, getrennten Betten. Eins war zwanzig Zentimeter höher als das andere. Was für sexuelle Verrenkungen könnte man da vollziehen, wenn...man nicht allein wäre.
Mein nächster Weg führte mich zurück nach Burg in den ALDI- Markt, wo ich mich mit Büchsenfutter eindeckte. Immerhin hatte ich mittlerweile ein ernüchterndes Gefühl. Was kann man auch von Campingplätzen erwarten?
Ich schleppte den Einkauf in die Höhle und testete die ausgediente Couch im "Wohnzimmer" auf Schlaftauglichkeit, da ich nicht auf das obligatorische Nickerchen vor dem "Fernseher" verzichten wollte. Zur kompletten Beinstreckung fehlten 15 Zentimeter Sofa.
Immer wieder mutierten meine Gedanken zum Fäkalismus. Was, wenn ich plötzlich nachts aufwachen und extremen Stuhlgangsdrang verspüren würde? (Ich weiß nicht, ob ich in meinem Leben überhaupt schon mal nachts Stuhlgang hatte, aber es könnte ja sein...)
Es ist kein beruhigendes Gefühl, wenn die Toilette scheinbar kilometerweit weg ist, kann ich euch sagen. So schlich ich mich irgendwann auf die Veranda mit Gas-Kochstelle und Gartenplastikstühlen plus Tisch und schrieb diese Zeilen. Geplant ist ja ein Arbeitsurlaub mit dem vollenden der Bückware#3, keine Ahnung, ob das ein geeignetes Flair ist. Immerhin scheint es Wanderwege zu geben, mal gucken, ob ich da was aus meinem Hirn kitzeln kann.











Tag 2:

Meine erste größere Wanderung habe ich hinter mir, Krüppelkiefern, Sandboden, welkes Gras, sonst nichts. Am Zeltplatz befindet sich der sogenannte Parchauer See, "die haben also dort auch einen Tümpel", meinte mein Kumpel vor der Abreise. Er hatte Recht. Ich bin den Zeltplatz bzw. Campingplatz abgewandert, nichts los- keine "unten ohne"-Models, dafür Nachbarn, die sich hinter hüfthohen Ziergartenzäunen verstecken. Also habe ich mich dem Fernsehen verschrieben, wie schon erwähnt, erwartete ich keinen Plasmafernseher (ich bin ja auch nicht DJ Hitlergruss Tomekk), aber zwei Zoll größer wäre nicht schlecht, so berühre ich fast mit der Nasenspitze den Bildschirm um was zu erkennen. Aber wenigstens habe ich Ordnung geschaffen und mir alle 46 Sender mit dazugehörigen Programmnummern notiert.
Dann war da noch die Geschichte mit dem Fackelmann-Korpus, in Insiderkreisen Büchsenöffner genannt. Es bedurfte vieler Versuche um die Funktionalität zu ergründen. Es ist, wie gesagt, alles da, doch in welcher Qualität? Ist das Camperleben so?
Gestern Abend habe ich noch Duisburg gegen Rostock auf DSF geguckt und musste nebenbei immer an den "Doppelpass" von Sonntag denken, als es um die Leute vom Kartellamt bezüglich der Vermarktung der Bundesligarechte ging. Geplant ist eine Ausstrahlung der Sportschau um 22 Uhr. Dagegen sprechen zwei Fakten:
1. einer vom Kartellamt geht samstags immer um 22 Uhr schlafen
2. ein weiterer Entscheidungsträger besitzt gar keinen Fernseher.
Ich habe einen Fernseher und sehe das konservativ (auch zur Erhaltung des ZDF- Sportstudios).
Ansonsten erschlägt mich das Projekt Bückware#3 fast, da die Vorarbeiten derart komplex, umfangreich und tiefschürfend sind. Momentan habe ich noch keinen Zugang, aber die Zeit drängt.
An der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt steht ein überdimensioniertes Schild mit der Aufschrift:"Sachsen-Anhalt - Willkommen im Land der Frühaufsteher" Was sagt uns das? Das die Arbeitslosen hier schon um 6 Uhr vor den Kaufhallen rumlungern?
Ich jedenfalls habe im (zu) weichen Bett gut geschlafen und mich nebenbei von Radio SAW besäuseln lassen. Dennoch stellen sich heute morgen zwei Fragen: Bin ich hier in Einzelhaft? Wenn nicht, wo verdammt noch mal ist meine Fußfessel? Um beim metaphern zu bleiben, die Fußfessel ist das Projekt und das sollte man sich als Normalbürger im Urlaub nicht auferlegen...







Tag 3:

Da ich immer mit einem Tag Zeitverzögerung schreibe, kommen nun noch die restlichen Gedanken und Erlebnisse von gestern. Eigentlich war nichts spektakuläres dabei. Gleich am ersten Tag habe ich noch eine Ortbegehung gemacht und an der Stirnseite des Wohnwagens einen Verschlag entdeckt. Schönerweise war dieser nicht verschlossen und zu meiner Begeisterung entpuppte er sich als Klo. Sogar als Wasserklosett.
Abends tappe ich dann barfuss um den Wohnwagen und bin im dunklen schon häufiger schmerzhaft auf herumliegende Tannenzapfen getreten. Trotzdem noch besser, als ein kilometerweit entferntes stilles Örtchen. Dies gibt es nämlich auch, gekoppelt mit einer Duschgelegenheit. Gestern bin ich dynamisch zum Duschen gegangen. Ein älterer nackter Herr mit Bierplautze sagte: "Komm rein, hier ist noch Platz!"
Mit etwas Unbehagen nahm ich die Dusche neben ihn und lauschte seinen Raucherhustenanfällen. Irgendwann hatte ich es überstanden und konnte mich anziehen. Dermaßen gereinigt, beschloss ich einen Ausflug nach Burg zu machen. Ich überbrückte die fünf Kilometer schnell und parkte das Auto am Rande des Zentrums.
Dieses Zentrum mit massenhaft Läden in jeder Gasse ist sehr sehenswert- aufwändig restaurierte Häuschen und viel Kleingewerbe. Die Stunde Parkscheinbegrenzung verging wie im Fluge, zumal Burg scheinbar hübsche Mädchen und Frauen hat. Einen neuen Trend konnte ich auch beobachten: die Teenies essen im Gegensatz zu den Rentnern hier kein Eis, sondern löffeln Babybrei aus dem Glas. Wenn da mal nicht später der Nachwuchs noch genug abbekommt!
Ja, das war mein Ausflug nach Burg, einer von vielen Städten Sachsen-Anhalts, die an der 1000 km langen Straße der Romanik liegen. Spartanisch wie mein Wohnwagen auch die romanische Kirche aus dem 12.Jahrhundert.
Irgendwann nach Mittag war ich wieder "daheim" und ich beschloss angesichts moderater Temperaturen ein Fußbad im Tümpel zu nehmen. Es war fast Urlaubsfeeling und zum Schluss machte ich mir noch eine Socke voll Sand, um sie dann in meine Reisetasche zu entleeren. So werde ich beim heimatlichen Auspacken mit Sommererinnerungen und Strandpartygefühlen konfrontiert.
Den Nachmittag verbrachte ich nach einem "Knotenplatzer" mit Schreiben, am Abend hockte ich wieder vor der kleinen Flimmerkiste.








Tag 4:

Es ist (beinahe) reinweg gar nichts passiert. Am Vormittag wollte ich einen Spaziergang in Angriff nehmen und bin nach etwas mehr als einem Kilometer in einen Regenguss gekommen, der mich zum Umkehren zwang. Die dadurch zwangsmäßig gewonnene Freizeit nutzte ich zu exzessiven Schreiben. Gerade am Abend ist auf dem Campingplatz gar nichts los. Ein paar trübe Lampen leuchten vor sich hin und mein Fernseher läuft bis 2 Uhr auf Hochtouren.
Den Morgen meines letzten Tages nutzte ich für eine ausgiebiges Frühstück, anschließend machte ich mich auf den Weg zur Gemeinschaftsdusche. Beinahe schon unter der Brause stehend, bemerkte ich, dass ich anstatt des Duschbades Sonnenmilch in der Hand hielt. Also zurück zum Wohnwagen und Mittelchen tauschen. Langsam geht es scheinbar an die Substanz- das Campen. Na ja- und Intervallduschen (15 Sekunden Wasser, dann aus, neu drücken, 15 Sekunden Wasser...) ist auch nicht mein Ding.
Irgendwie wird es dann Zeit das Experiment abzubrechen, wenn ich da erst die 280 km Fahrt fehlerfrei (aus Kfz- Sicht) hinter mich gebracht hätte...
Na ja, jedenfalls nutzte ich den Tag noch zu einem Spaziergang durch Parchau (wenn ich schon nicht in den Tümpel springe, will ich wenigstens den Ort besichtigt haben).
Was heißt schon Spaziergang? Ich humpelte herum, da mir schon seit Tagen der Spann des rechten Fußes weh tut, und als echter Hypochonder habe ich natürlich einen Ermüdungsbruch. Der Ort selbst ist extrem ruhig, beinahe ausgestorben (entweder waren die alle auf Arbeit, oder haben mich hinter den Gardinen beobachtet); zurückgesetzte Ziegelhäuschen und unsanierte Ziegelscheunendächer im Hinterhof sind an der Tagesordnung. Die größte Strasse im Ort wird also von Rasenflächen flankiert- warum das in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg und Brandenburg so ist, weiß ich auch nicht. Jedenfalls kann keiner im vorbeicruisen durch die Fenster schauen. Einen Sportplatz haben sie auch, aber kein Sportlerheim und dann noch jede Menge Schmierereien und Aufkleber. Kommentar überflüssig.
Also eine Boomtown ist Parchau nicht, zumal man das Gefühl hat hier eine Ruhe zu stören- schon durch bloßes Schlurfen durch den Ort.







Tag 5:

Alles auf Refresh und in dreieinhalb Stunden war ich wieder zuhause. Der eigentliche Teil der Arbeit, mit der Übertragung der geschriebenen Worte ins Word und dann von Word in QuarkXpress, inklusive Zwischenkontrollen und Endkontrolle der PDF, sowie der Layoutarbeit für Innen- und Außenumschlag in Corel stehen noch ins Haus.
Aber was macht man nicht alles für seine Leser!

02.08.2008, Horst David und Fritz Haarmann- ein Dreamteam

Faszination pur im ARD- Abendprogramm am Freitag. Auf dem Bildschirm war zu sehen: Horst David (geschauspielert). Seine Untaten: der Mord an mindestens sieben Frauen.
Man sucht und findet die Parallelen: erfolgloser Lottofreak, ehemaliger Fußballspieler, allgemein Fußballinteressierter, vorbelastet durch das Elternhaus und eine unglückliche Beziehung und ständig in Geldnot. Horst David, der "Würger von Regensburg" kommt frühestens 2023 frei, mit 85 Jahren. Dann dürfte es ihm so ergehen wie mir, die Kraft in den Händen reicht nicht mehr aus, um potentielle Opfer zu erwürgen. Manchmal ist mir im Praktikum schon der Griff ans Telefon und das Heben des Hörers zuviel, oder anstrengend wie ein Marathon.
Wie sagte "Schu" aus Flöha immer: "Man hat die Kraft nicht mehr." Dieser Satz kam nach dem fünften Bier aller zehn Minuten, nach dem zehnten Bier aller fünf Minuten und so ging es in einer dynamische Kurve weiter. Bei gleichzeitigem Schnapsgenuss folgte zur allgemeinen Erheiterung ein "man ist keine dreißig mehr".
Also muß man variabel sein und auf die Delikte und Methoden von Fritz Haarmann ausweichen. Das Monster von Hannover brachte über zwanzig junge Männer um, meistens mit einem beherzten Biss in den Hals der Auserwählten. Das Fleisch soll er auf Märkten angeboten und die Knochen in der Leine versenkt haben. Ich glaube ich kann das nicht. Meine überkronte Vorderfront würde diesen Belastungstest nicht überstehen. Also müssen wir weiter von Schandtaten träumen und davon lesen, sei es der Verweis auf Haarmann bei Stephen King (ich glaube in "Black House", bin mir aber nicht sicher) oder auf solch bemerkenswerten Internetseiten, wie serienkiller.de

24.07.2008, Clive Barker's Exzesse und Nikotingenuss

Heute nun zu meinem Ehrentag ein paar Zeilen. Im temporären Praktikumsbetrieb sitze ich jetzt auf der anderen Seite, was nichts anderes bedeutet, als das ich nun Bewerbungsmappen in die Hand bekomme. Früher, oder vordem, war ich der Absender, diesmal bin ich, gemeinsam mit der mir zugewiesenen Recruterin, Empfänger.
So kam es dann auch, dass uns diese Woche eine Bewerbung (als Helfer des Helfers) erreichte, die nach dem Öffnen des Umschlages einen Liter Nikotin ausatmete. Der ganze Hefte roch nach Brauhaustunnel Mittweida Mitte der achtziger Jahre.
Dies ließ die Kollegen schwadronieren und Mutmaßungen anstellen, wie denn da der Bewerber dazu aussieht, wenn die Mappe schon so heftig muchtet. Einladen, sag ich da nur, einladen. Sicher ein filterfarbenes Gesicht. Mich erinnerte dieser Umstand immer an meinen Kumpel, der Anfang der neunziger Jahre samstags zu jedem Heim- und Auswärtsspiel des Clubs gefahren ist. Das Vortanken vollzog er schon am Vortag in Augustusburg bei einer stadtbekannten Familie, die (wie drücke ich es nur aus?) etwas antisozial gestrickt war. Gardinen, Fensterrahmen, Möbel und Tapete waren quittegelb vom Rauch und den Wellensittich hörte man nur zwitschern, die Sicht von der Couch in die benachbarte Zimmerecke war begrenzt. Armes passivrauchendes Federvieh.
So, nun könnte ich es bei diesem kurzen Exkurs vom gestern ins heute belassen, aber nichts da, ich kann den Leser nicht ohne Clive Barker entlassen, dessen extreme Fetischgedanken mich weitere hundert Seiten getragen haben. Uff, ich werde wohl nie fertig?! Vielleicht mal eine neue Idee einer Horrorstory für die Bückware: man liest ein Buch und wenn man denkt nun bin ich aber ordentlich vorangekommen und der zentimeterdicke Rest an Seiten ist halbiert, wird es doch nicht weniger. Eine Geschichte wie eine Schleife bzw. Möbiusband. Jeder vernünftige Mensch hätte an meiner Stelle das Buch zu den Akten gelegt, aber pingelig und genau, wie ich nun mal bin, versuche ich es sportlich zu nehmen und dieses Projekt abzuschließen.
So nun aber...also Clive räsoniert in seinem Handlungsspektrum über abartige sexuelle Vorlieben, dessen Komplexität den Rahmen eines Tagebucheintrages sprengen würde. Dennoch schließe ich mit Fragmenten der letzten fünfzehn Seiten, die ich gelesen habe.

Er hatte ihre Hand zu der feuchtkalten Stelle unter der Rundung seines Bauches geführt, wo sein üppig geäderter Schwanz aus den Babyspeckfalten ragte. Sie fühlte eine Reihe winziger Objekte an der Unterseite seines Schaftes.
"Das sind schwarze Perlen", erklärte er, bevor sie die Frage stellte, "die werden dein Vergnügen steigern." In ihrem Fiebertraum hatte sie kaum Zeit zu begreifen, was der kleine Bastard meinte, da kletterte er schon auf sie, ihre Brust spritzte in seine zur Faust geballte Hand, während er sie molk, und all ihre Schreie waren vergeblich. In der höllischen Hitze, die in dem Zimmer herrschte, schlug die vergossene Milch im Nu um und wurde auf dem Laken sauer. Es stank, als wären sie von Erbrochenem durchnässt; der Gestank stieg mit einem physischen Gewicht um Tammy herum auf, als könnte er sie ersticken.
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"Dann halt still!", sagte der Ziegenjunge und machte einen Salto rückwärts, ohne ihre überfließende Brust loszulassen, gab jedoch die erzwungene Masturbation zugunsten eines noch obszöneren Spieles auf. Er hockte jetzt breitbeinig über ihrem Kopf; seine dicken Beinchen waren gerade lang genug, um seine gepolsterte Pospalte eine Handspanne über ihre Nase zu heben. Die groben Haare an seinen Ziegenbeinen stachen ihr ins Gesicht. Um seine Pobacken herum wurden sie dichter und er hatte schon längst den Versuch aufgegeben, sie zu säubern. Bei dem Gestank würgte es sie.

Sie packte schließlich sein Glied und verprügelte ihn.

Er fing an zu plärren und kackte auf einmal los, seine Pospalte füllte sich mit dem Kot, den er ihr ins Gesicht fallen gelassen hätte, wenn er die Chance dazu gehabt hätte.

Weggelassen habe ich wohlweislich die Szene als die Bösewichtin des Buches von Geistern zerfleddert wird. Ohne nähere Einzelheiten breitzutreten, was mit ihren Brüsten geschehen ist und das man ihr die herausgerissenen Schamlippen in den Mund gestopft hat, muss ich ausdrücklich warnen: Liebe Kinder- bitte nicht nachmachen!

19.07.2008, Domainumzug und Coldheart Canyon

So, nun wieder kurz paar Sätze. Ich habe mich durchgerungen und mir eine Domain gekauft. Sicher, ist nur Centkram, aber immerhin bin ich jetzt für 4,50 € im Jahr mit einer ordentlichen Adresse für die Startseite ausgestattet. Wer ähnliches vorhat und günstig eine Domain braucht, der logge sich bitte unter: http://10122973.evanzo.net ein. Dafür kriege ich genau 57 Cent Provision. Achso, die neue Adresse lautet nach reiflicher Überlegung www.anti-social.de. Ich bitte die Macher befreundeter Pages, mich in diese Richtung zu verlinken. Die Weiterleitung auf meine zwei parallel laufenden Freehoster wird von mir so gepflegt, dass die Seite immer aktuell und zu erreichen ist. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, denn gerade letzte Woche ist bei beiden Freehostern die Kripo aufmarschiert und hat diverse Server beschlagnahmt, nachdem irgendein Idiot irgendwas verbockt hat. Seitdem ist Freehoster Nummer 2 noch nicht wieder ans Netz angeschlossen worden und ich bin glücklich, dass sich das mühsame Hochladen (mit 56k Modem!) auf zwei unabhängige Anbieter doch gelohnt hat. So kann ich hin- und herjumpen, je nachdem, wer gerade online ist. Neben Anti-Social.de hatte ich noch die Wahl eventuell eine montenegrinische Domain zu nehmen, die sind nämlich gerade heiß begehrt, weil noch relativ frisch, doch gleich nach dem Start wurden über 1000 Second Level Domains in weiser Voraussicht gesperrt. Darunter so nette Namen wie hate.me, love.me, rape.me usw. Ansonsten ist es momentan das Schweigen im Walde, kein Fußball, keine Konzerte, kein arbeiten am neuen Heft (aber bald geht es los)....
Deshalb nur kurz und bündig die neusten Errungenschaften aus "Coldheart Canyon":

Und mitten in dieser Szenerie stand Eppstadt und sah so passend aus wie eine Morgenlatte im Vatikan.

Clive macht jetzt auf lustig.
Doch bevor ich mir die Tränen vom Lachen abgewischt hatte, verfiel er in den gewohnten Trott und bedachte mutierte Tiere mit den äußeren Geschlechtsorganen des schwachen Geschlechts.

Das altersschwache Huhn, das Eier voller Schlangen gelegt hatte, wurde von seiner Brut aufgefressen. Eine Echse, in deren Maul noch eine Libelle flatterte, wurde von einer Bestie gepackt, die nur Lilith herbeigehext haben konnte: ihr Rücken eine schamlose Hommage an die Möse, von ihrem prächtigen, schamlippenähnlichen Kopf bis zu dem riesigen goldenen Auge, das wie ein opulentes Ei in seinen Tiefen begraben war.

So habe ich mich bis Seite 631 vorgekämpft und fühle mich wie ein Bahnradsprinter auf der ersten Runde, auch angesichts der Tatsache, dass mit Gisela Elsner und Milan Kundera zwei völlig andere Büchergenres auf mich warten. Aber bald ist Urlaub und bis dahin werde ich es wohl geschafft haben.
Habe die Ehre.

13.07.2008, Ich, Hannibal, says:

Clarice, ich habe Blumen mitgebracht. Lass mich rein.

06.07.2008, Coldheart Canyon

Nun, herzlich willkommen, du bist im neuen Tagebuch gelandet. Ich wollte eigentlich nicht schocken, aber aus gegebenen Anlass und weil ich im Vorgängertagebuch schon davon berichtet hatte, möchte ich mit Clive Barker's "Coldheart Canyon" beginnen. Dabei bin ich froh, dass mir RTL mit "Hannibal" den gestrigen Samstag versüßt hat, nachdem mich besagtes Buch nicht in Angst und Schrecken versetzt.
Die Rückseite ist wie immer reißerisch: "Das Opus Magnum des Clive Barker- ein mysteriöses Geisterepos" oder "Clive Barker ist der Anatom der Hölle. Mit Brillanz und mit der Schärfe eines Skalpells seziert er Hollywoods Schattenseiten." (Wes Craven) oder "Clive Barker ist der große Visionär unserer Zeit." (Quentin Tarantino).
Soviel Vorschusslorbeeren erweckten Gefühle für mich, die ich nur in den Zeiten von "Es" erlebte. Aber bis auf die Dicke des Machwerkes (875 Seiten) ist nichts so, wie es (für mich) sein sollte. Barker beleuchtet sicher kritisch die negativen Seiten Hollywoods von den Zwanziger Jahren bis heute, aber der Rest ist ein Pseudo- Sexuelles- Gestammel eines bekennenden Homosexuellen, der nichts auslässt und dabei hart am pornographischen Wind segelt. Ich weiß nach 481 gelesenen Seiten immer noch nicht, was ich davon halten soll. Die Idee ein rumänisches Fliesenzimmer mit der Darstellung von Monstern, Landschaften und Fickereien nach Hollywood zu transportieren und dort zu einem süchtigmachenden Gesundbrunnen für alternde Stars zu machen, ist ja nicht schlecht, auch der Teufel, seine Frau und die untoten Jäger sind brauchbar, aber warum fehlt die Spannung, warum ist das eben ein besseres Pornodrehbuch für alle Schattierungen des Sexuallebens?
Ich habe keine Ahnung. "Coldheart Canyon" fällt im Vergleich zu "Gyre" klar ab, trotzdem möchte ich eine Auswahl (von wirklich unzähligen Szenen bis Seite 481 und Besserung ist nicht in Sicht) hier darlegen:

Sein Schwanz hatte während der ungeschickten Verfolgung nichts von seiner Härte verloren; die feuchte, von der Hitze all dieser Geistergestalten erfüllte Luft erregte ihn nur noch mehr. Katya hatte ihn mit ihren Worten über die Schamlosigkeit gut vorbereitet. Er wollte das Mädchen und sie wollte ihn: Was sollte sonst noch groß zählen?
Er steckte seine Pfeilspitze in sie hinein. Sie hob die Beine etwas, um ihm zu helfen. Unter ihr war zweifellos noch jemand anders, den es nicht zu stören schien, dass er auf ihm- oder ihr- kniete.
"Ganz hinein", verlangte sie.
Er glitt wie befohlen in sie hinein, bis zur Wurzel, und fing dann an, die Hüften gegen sie zu stoßen.
Ihre Möse war so beweglich wie ihre Kehle; er spürte einen Gegenrhythmus unter seinem Schwanz, in der unteren Hälfte ihrer Vulva. So etwas hatte er noch nie erlebt; schon nach ein paar Stößen war er kurz vor dem Höhepunkt. Er zog sich langsam aus ihr zurück, damit er nicht vorzeitig ejakulierte.
"Gefällt dir das?, fragte sie ihn, legte die Hand zwischen ihre Beine und führte ihn wieder ein.
"Ja, sehr."
"Gut."
"Aber mach langsam. Bitte."
Er ließ zu, dass sie ihn wieder in sich aufnahm, und sie legte den Kopf in den Nacken und stieß einen Seufzer der Befriedigung aus.
"Weiter", sagte sie. Ihre Augen schlossen sich flatternd. "Ganz hinein. Alle beide."
Beide?, dachte er und hob den Kopf von ihrer Brust.
Und als er die Frage formte, spürte er, wie ein Arm- zwei-, dreimal so dick wie ihrer und sehr muskulös- von unten hochkam und sich um seinen Nacken legte.
Er hob den Kopf, so gut er konnte, und sah über der Schulter des Mädchens das Gesicht eines Mannes. Sie lag offenbar auf ihm, mit dem Rücken an seiner Brust. Er war schwarz und sah gut aus, sogar im Schatten.
"Sie ist gut", sagte er lächelnd. "Nicht?"
Todd griff vorsichtig in das feuchte Kuddelmuddel zwischen ihren Beinen. Er fühlte sich selbst, hart wie eh und je; und dann, weiter hinten, im Arsch des Mädchens begraben, den Schwanz des anderen Mannes.........
........Jetzt wurde er bei dem Gedanken, dass die Frau zwischen ihm und dem anderen Mann eingeklemmt war, das lediglich die feine Membran ihres Muskels sie beide trennte, nur noch härter.....

Und so fickt sich der Held des Buches durch die Geisterwelt dahingeschiedener Hollywoodstars. Und die Böse des Buches schleicht immer sexuell motiviert herum und sich in die Träume armer Nebendarsteller:

Im Raum stand ein enorm großes, aber außerordentlich schlichtes Bett. Darauf saß die einzige Frau außer seiner Mutter, die Jerry je geliebt hatte: Katya. Sie war nackt; oder- genauer gesagt- unbekleidet. Ihr Körper war zu neunzig Prozent von großen Schnecken bedeckt, den üblichen Weinbergschnecken, die jeder Gärtner verfluchte. Sie krochen überall auf ihrer Haut herum. Sie waren in ihrem Gesicht, auf ihren Brüsten und ihrem Bauch, ihren Schenkeln und Schienbeinen. Ihr Haar war von silbrigen Kriechspuren verfilzt, und eine Gruppe von dreißig bis vierzig Tieren saß ihr wie eine groteske Krone auf dem Kopf. Sie hatte die Beine gespreizt, und die Schnecken erkundeten auch die Spalte zwischen den Schenkeln....
.....Katya senkte wortlos den Blick und pflückte sich eines der Geschöpfe ganz sanft von der Brust. Dann spreizte sie die Beine ein bisschen weiter, sodass Jerry jetzt einen noch intimeren Blick auf ihrer Geschlechtsteile hatte. Er war kein Kenner, aber selbst er konnte sehen, dass die Form ihrer Schamlippen eine gewisse Schönheit besaß; sie hatte die Möse eines jungen Mädchens. Sie legte sich eine Hand zwischen die Beine, teilte die Lippen und setzte die Schnecke, die sie sich von der Brust genommen hatte, behutsam auf das dortige Fleisch....

Eine Schnecke mit einer Schnecke in der Schnecke. Mehr kann man dazu nicht sagen, ich denke weitere Details kann ich euch ersparen. Sollte sich etwas außergewöhnliches weiterhin ereignen (eigentlich ist das Beschriebene ja nichts außergewöhnliches) oder das Buch doch noch einen extremen Spannungsaufbau erfahren, werdet ihr es mitnichten hier erfahren. Wer jetzt vor Ekel Herpes bekommen hat, sollte in Zukunft diese Page meiden. Hier schreibt ein schonungslos aufdeckender Blogger über seine Erlebnisse mit der Weltliteratur.
Amen.

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